Lilia Kaiser und Valentina Fuge haben viel gemeinsam: die beiden Frauen sind seit vielen Jahren befreundet, beide sind Mütter, sie wohnen im gleichen Neubaugebiet und seit kurzem sind sie Geschäftspartnerinnen. Und Gründerinnen. Im August haben die Paderbornerinnen ihr Café und Bistro in der Graf-Zeppelin-Straße im Gewerbegebiet Bad Wünnenberg-Haaren eröffnet. Das Copper.
von Silke Goller
Seine Heimat hat das Copper – der englische Begriff für Kupfer – in einem besonderen Gebäude, dem Kubus 69. Ein moderner Korpus mit großen Glasfronten, außen von kupferfarbenen Platten ummantelt. „Das Material Kupfer hat auch den Ausschlag gegeben, das Café so zu nennen“, erzählt Valentina Fuge.
Zu ihren Nachbarn zählen ein Architekturbüro, ein Fliesenbetrieb sowie ein Concept Store für Möbel- und Einrichtungskonzepte. Die Affinität zu Design ist dem gemütlichen Bistro anzumerken – innen finden sich Holztische mit Stühlen in einem warmen Rotton, die leicht transparenten Gardinen haben einen Rost-Ton, die rundgezogene Theke ist in dunklem orange gehalten, die Lampen glänzen kupferfarben. Ein Ort zum Wohlfühlen.
Ein Farbkonzept, das stimmig ist. Und ein Ort, der durch die Herzlichkeit der Gastgeberinnen zum Verweilen einlädt.
Eröffnung verzögerte sich
Dass die Gründerinnen ein eingespieltes Team sind, wird schon bei der Begrüßung deutlich. Beide haben sich bis eben um den Mittagstisch gekümmert, so langsam kehrt Ruhe ein. Zeit, um über die Gründung zu sprechen. Über die Idee dahinter, aber auch über die Startschwierigkeiten.
Ursprünglich sei die Eröffnung für den 1. August dieses Jahres geplant gewesen. Das daraus nichts wurde, habe an zwei Dingen gelegen. „Wir hatten Probleme mit der KfW-Bank, die den Kredit nicht pünktlich ausgezahlt hat und auch das Geschirr fehlte noch“, erzählt Valentina Fuge.
Heute kann die 37-Jährige darüber lachen, dass das Café erst drei Wochen später als geplant öffnen konnte. Die Zeit haben die Frauen genutzt, um weiter an ihrer Speisekarte zu arbeiten, Gerichte zu kreieren und Arbeitsabläufe zu optimieren.
Auch Lilia Kaiser nimmt es mit Humor: „Was haben wir anfangs geschwitzt. Diese Ungewissheit ist uns schon an die Substanz gegangen. Zudem waren die ersten beiden Wochen wirklich krass. Wir mussten sehen, wie wir uns organisieren und wo wir Zeit einsparen können. Inzwischen weiß hier jeder, was zu tun ist“, freut sich die 39-Jährige, die stressige Anfangszeit hinter sich zu haben.
Unterstützung durch Ehepartner
Zu ihrer Idee befragt, lachen die beiden und sagen unisono: „Eigentlich sind wir in das Vorhaben geschubst worden.“ Lilia Kaiser klärt auf: „Mein Mann arbeitet im ‚Form und Stil‘ nebenan und seinem Chef gehört diese Immobilie. Ursprünglich wollte dieser selbst das Café betreiben, hat dann aber Abstand davon genommen. Er hat mich gefragt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, das Projekt Gründung alleine anzugehen.
Und so ist Valentina mit ins Spiel gekommen.“ Die ehemalige Postbank-Mitarbeiterin hatte beruflich Lust auf eine Veränderung und ist jetzt unter anderem für den kaufmännischen Part verantwortlich. Auch Kaiser, gelernte Bäckereifachverkäuferin, haderte mit ihrem Job. Ihre Männer hätten sie in dem Vorhaben, sich selbstständig zu machen, bestärkt.
Immerhin hat Valentina Fuge vier Kinder im Alter von zwölf und 14 Jahren sowie zweieinhalbjährige Zwillinge. Die drei Kinder von Lilia Kaiser sind fünf, zwölf und 14 Jahre alt. „Wir haben eine Liste mit Plus- und Minuspunkten bezüglich der Gründung gemacht. Ohne die Unterstützung unserer Ehepartner würde unsere Selbstständigkeit nicht funktionieren“, betonen die Unternehmerinnen und ergänzen: „Wir wussten einfach, dass wir ein super Team werden.“
Hausgemachte Gerichte
Geöffnet hat das Copper, das über 45 Sitzplätze verfügt, montags bis freitags von 8.00 bis 17.00 Uhr. Neben Frühstück mit Namen wie „Franzose in Haaren“ oder „Haaren trifft Helmern“ werden zur Mittagszeit hausgemachte Gerichte wie Suppen, Flammkuchen, Bowls oder Quiches angeboten, nachmittags stehen Kuchen und selbst gebackene Waffeln auf der Speisekarte.
Alle Gerichte gibt es auch To Go. „Wir bieten regionale und saisonale Speisen an und beziehen die Brötchen und den Kuchen von der Bäckerei Kaiser, die an diesem Standort früher eine Filiale betrieben hat“, erzählt Fuge.
Von kleinen Unwägbarkeiten lässt sich das Power-Duo nicht beeindrucken. „Wenn uns eine Zutat ausgeht, holen wir auch schon mal spontan Nachschub. Und als wir neulich das Café richtig voll hatten, haben wir improvisiert, Tische zusammengerückt und richtig Gas gegeben.“ Auch möglich – während des Cafébesuchs in einem der Regale zu stöbern, in denen Wohnaccessoires wie Vasen, Handtücher, Schalen oder Gläser angeboten werden. „Wir haben mit der Firma „a.ha!“ eine Kooperation und der Verkauf läuft gut“, freut sich Fuge.
Mehr Zeit für Planungsphase einplanen
Was sie anderen Gründerinnen mit auf den Weg geben würden? Auf jeden Fall mehr Zeit einplanen für die Planungsphase, allein für die zahlreichen Formalitäten und Genehmigungen: „Wir mussten an so viele Dinge denken – von der Schanklizenz, dem Lebensmittelhygieneschein bis hin zur Gastlizenz. Das alles kostet Zeit und Nerven. Gefühlt hat immer irgendetwas gefehlt“, beschreibt Lilia Kaiser die stressige Zeit der Vorbereitungen.
Geholfen hat den Café-Betreiberinnen Tobias Kaufmann. Der Existenzgründungsberater der IHK Ostwestfalen ist mitgekommen, um zu schauen, wie „seine“ Gründerinnen sich schlagen. Beide Frauen sind voll des Lobes für ihn: „Wir sind so froh, dass wir den Gründungszuschuss beantragt haben, obwohl wir eigentlich keine Lust hatten, weitere Anträge auszufüllen.“
Kaufmann erklärt: „Gründer können für die Dauer eines halben Jahres einen Zuschuss in Höhe des Arbeitslosengeldes beantragen und erhalten zusätzlich 300 Euro für Versicherungen. Das Geld hilft, da man so in der ersten Zeit eine Lebensgrundlage hat.“
Noch immer warten die Gründerinnen auf ihre Steuer-ID, auf ihren Internetanschluss und auch bei der Telefonanlage hakt es aktuell noch. Auch hier spricht Kaufmann den Geschäftsfrauen Mut zu: „Die Abläufe werden sich einspielen und der Umsatz wird steigen. Die ersten beiden Jahre sind häufig anstrengend“, beschreibt er diese als „Investitionszeit“.
Pläne für Außengastronomie
In Zukunft möchten Valentina Fuge und Lilia Kaiser ihr Café für geschlossene Gesellschaften öffnen und überlegen aktuell, ihre Öffnungszeiten nochmal zu ändern: „Wir haben einfach festgestellt, dass das Frühstück am besten läuft und möchten dieses Angebot daher ausweiten. Viele Kunden fragen, ob wir nicht auch samstags öffnen können. Wir werden wohl nicht darum herumkommen“, sagen beide und lachen.
Ein weiteres Projekt sei es, die Lizenz für eine Außengastronomie zu beantragen. Auch das Problem des Personalmangels haben die pragmatisch veranlagten Gründerinnen inzwischen gelöst – ihre Mütter, beide Anfang 60, haben in der Küche das Regiment übernommen.
Trotz all des Stresses und den manchmal wehmütigen Momenten, derzeit weniger Zeit für die Familie zu haben, bereuen die Unternehmerinnen ihre Entscheidung keine Sekunde: „Wir brennen für das Copper und fühlen uns richtig wohl, bei dem, was wir tun.“
Eine Sache gibt es da aber doch: „Unser großer Wunsch für die Zukunft ist es, dass das Café so gut läuft, dass wir uns mal einen freien Tag gönnen können.“
Weitere mutige Gründerinnen im Porträt:
Regina Horn – die Verwandlungskünstlerin
Sarah Lübbers – die magische Buchhändlerin