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Sina Kämmerling hat im April 2022 das Unternehmen FINIDIQ gegründet

Mutige Gründerinnen: Sina Kämmerling – die Findige

Sina Kämmerling hat im April 2022 das Unternehmen FINIDIQ gegründet. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie eine Assistenzsoftware für den Service von Maschinen in Industriebetrieben entwickelt. Die Idee entstand während eines Makeathons vom Spitzencluster it’s OWL. Sie ist die vierte Gründerin, die wir in unserer Reihe „Gründerinnen-Geschichten“ vorstellen.

von Merle Schröder

Die Produktion ist in vollem Gange. Doch dann fällt die Maschine aus. Wo liegt das Problem? Und wie kann es wieder behoben werden, wenn keine Zeit ist, wenn kein Servicetechniker verfügbar ist? Das Unternehmen FINDIQ, gegründet von Sina Kämmerling, bietet Hilfe an. FINDIQ ist eine Assistenzsoftware für Maschinen, die technische Probleme erkennt und durch ein Frage-Antwort-System die passende Lösung des Problems findet, sodass auch Unerfahrene und Quereinsteiger Maschinenprobleme beheben können.

Gründung war schon immer ein Thema

„Ich hatte schon in der zehnten Klasse die Idee, ein Unternehmen zu gründen. Damals habe ich an einem Economic Summercamp des Gildenhaus e.V. teilgenommen, weil mich das Thema Gründung sehr interessiert hat“, erzählt die 29-Jährige. Nach dem Bachelorstudium im Fach International Business an der FHDW in Bielefeld folgen zunächst Praktika bei Industrieunternehmen in Ostwestfalen, wie beispielsweise Kannegießer in Vlotho und Miele Professional in Gütersloh.

Schließlich verschlägt es Kämmerling in den Norden Deutschlands. In Hamburg arbeitet sie bei der Unternehmensberatung Ernst & Young als Beraterin für Industrieunternehmen. Nebenbei macht sie ihren Master in Management, Digital Innovation & Business Transformation an der Steinbeis-Hochschule in Berlin. „Mit der Zeit fand ich meine Tätigkeit in Hamburg allerdings nicht einfluss- und ergebnisreich genug“, berichtet die Vlothoerin. „Wir haben viele Konzerne beraten, dabei finde ich den Mittelstand spannender. Außerdem wollte ich zurück nach Ostwestfalen.“

Wieder in der Heimat, arbeitet Sina Kämmerling als Unternehmensberaterin bei der UNITY AG für die Digitalisierung industrieller Betriebe und ihrer Produktionen. Im April 2022 gründet sie mit Patrick Deutschmann ihr Unternehmen FINDIQ.

 

Idee auf Wettbewerb entstanden

Ihren Co-Gründer hat Sina Kämmerling bei der Teilnahme an einem Makeathon des Spitzenclusters it’s OWL im Jahr 2020 kennengelernt. „Ziel des Wettbewerbs war es, Lösungen für die neue Normalität der Industrie nach Corona zu entwickeln“, erklärt sie. Gemeinsam mit fünf anderen Teilnehmenden, unter anderem Deutschmann, entwickelte Kämmerling die Idee eines Assistenzsystems. „Wir haben folgende Ausgangssituation gehabt: Durch die Reisebeschränkungen während der Corona-Pandemie konnten Servicetechniker nicht mehr zu den Unternehmen rausfahren, um dort Maschinen zu reparieren oder zu warten. Und die Unternehmen wussten sich aber ebenfalls nicht selbst zu helfen.

Wir wollten eine Lösung schaffen, mit der Mitarbeitende technische Probleme auch ohne Techniker beheben können. Quasi ein Erste-Hilfe-Tool für den Maschinen- oder Anlagenbediener“, führt Kämmerling aus. Mit Erfolg – das Team um Kämmerling gewinnt den Makeathon und erhält ein Preisgeld in Höhe von einer Million Euro Forschungsgeld.

Im Anschluss an den Wettbewerb starteten sie die Validierung der Idee während eines Forschungsprojektes mit Maschinenbauunternehmen aus der Region und den lokalen Fraunhofer Instituten. „Gegen Ende des Projekts hatten Patrick und ich die Überlegung, auszugründen und mehr aus der Idee zu machen. Ich habe dann bei unterschiedlichen Unternehmen angefragt, ob sie so für so eine Idee als Software zahlen würden. Der Bedarf war da. Das hat uns schließlich zur Gründung unseres Unternehmens FINDIQ bewegt“, sagt Kämmerling.

Learning on the job

Während der Gründungsphase habe das Team Unterstützung von unterschiedlichen Institutionen erhalten. „Unseren Businessplan haben wir von der IHK überprüfen lassen. Außerdem haben wir die Angebote der garage 33 und der Founders Foundation genutzt. Es war einfach gut, dort einen ‚Zufluchtsort‘ zu haben. Wir hatten ja kein eigenes Büro“, erinnert sie sich. „Aber es gab auch Schwierigkeiten während der Gründung, die mich mental belastet haben. Ich habe mich arbeitslos gemeldet, und quasi aus der Arbeitslosigkeit heraus gegründet. Dass das jemand tut, ist aber eigentlich im System nicht vorgesehen. Man steht dann vor bürokratischen Hürden“.

Denn eine Gründung werde oftmals als „letzter Ausweg“ aus der Arbeitslosigkeit gesehen. „Es benötigt da mehr Differenzierung. Ich habe mich bewusst für die Gründung eines eigenen Unternehmens entschieden und nicht, weil ich anderweitig keinen Job bekommen hätte“, konstatiert Kämmerling. Zudem habe sie sich viele Dinge selbst aneignen müssen. „Ich hatte zum Beispiel nie etwas mit Vertrieb oder mit Rechtsthemen zu tun. Und der Aufbau einer operativen Unternehmensstruktur, bevor wir mit dem Tagesgeschäft beginnen konnten, war sehr aufwändig. Es ist viel ‚learning on the job‘.“

Netzwerk weiter ausbauen

Mittlerweile besteht das Team des jungen Unternehmens aus sieben Mitarbeitenden und hat eigene Büroräume in Herford bezogen – bewusst nicht in Berlin, wie viele andere Start-ups es täten. „Man muss für eine Gründung nicht nach Berlin gehen. Die Start-up Szene dort ist für uns nicht nah genug an unseren Kunden. Wir haben in Ostwestfalen gegründet, da die Region bodenständig ist. Außerdem gibt es hier viel Platz für coole Ideen und genügend Unterstützungsangebote für Gründerinnen und Gründer“, sagt sie.

Zur Kundschaft von FINDIQ zählen unter anderem die Venjakob Maschinenbau GmbH & Co. KG aus Rheda-Wiedenbrück, die Phoenix Contact GmbH aus Blomberg und die Sollich KG aus Bad Salzuflen. Zukünftig will FINDIQ sein Kundennetzwerk weiter ausbauen und weitere Maschinen im System anbinden. Im Fokus stehe auch der Aufbau eines Standortes und Netzwerkes in Süddeutschland, denn dort gebe es ebenfalls eine Vielzahl an mittelständischen Industrieunternehmen. „Außerdem wollen wir unser Produkt weiterentwickeln, besonders in Richtung des Wissenstransfers zur Produktionsoptimierung“, so Kämmerling.

Tipp: Relevanz der Gründungsidee genau prüfen

Angehenden Gründerinnen und Gründern empfiehlt sie, sich ausreichend mit der Relevanz der Gründungsidee auseinanderzusetzen. „Das Problem, das man lösen möchte, muss dauerhaft da sein. Nur so ist die Vision und damit die eigene Energie ausreichend groß und lange vorhanden.“

Weitere mutige Gründerinnen im Porträt:

Regina Horn – die Verwandlungskünstlerin

Marina Hillary – die Kreative

Sarah Lübbers – die magische Buchhändlerin

Nadine Dyck – die Wissensvermittlerin

Kathrin Zuther – die Essensverbesserin

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