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Technology of robot or robotic engineering connected era future for people concept

Vernetzte Wirtschaft: Digitales Miteinander

Bezogen auf das Lebensalter seiner Technologie ist das Internet noch jung. Dennoch verändert es Wirtschaft und Gesellschaft stärker als jede andere Innovation.

Das Internet, wie wir es heute kennen, ist erst gut 10.000 Tage alt. Es feiert im kommenden März seinen 30. Geburtstag und hat in dieser Zeit schon Höhen und Tiefen erlebt. Derzeit scheint es wieder steil bergauf zu gehen: Unter dem Schlagwort „Digitalisierung“ machen sich Wirtschaft und Gesellschaft auf den Weg, die Informationstechnologie sehr intensiv in ihre Prozesse beziehungsweise Leben einzubinden. Dabei ist in den allermeisten Fällen eine Vernetzung oder Kommunikation über das Internet unabdingbar.

Über alle Wertschöpfungstufen

Die digitale Transformation erfasst nahezu alle Stufen der industriellen Wertschöpfung. Von der Produktentwicklung über die Produktion bis hin zu Vertrieb und Logistik entwickeln Industrie und Dienstleister zahlreiche kreative Lösungen. Immer häufiger werden ganze Geschäftsmodelle in Frage gestellt und gegebenenfalls neu erfunden. Der industrielle Kern der Wirtschaft steht damit vor grundlegenden Veränderungen. Diese können mit einem imposanten Wachstum einhergehen oder den Verlust von Marktführerschaft bedeuten.

Wenn Digitalisierung gelingen soll, ist eine exzellente Infrastruktur unabdingbar. Sie bildet das Rückgrat für eine vernetzte Wirtschaft. Darum müssen leitungsgebundene und auf Funk basierende Breitbandanbindungen mit einer sehr hohen Servicequalität flächendeckend zur Verfügung stehen. Wie weit der Stand in Ostwestfalen ist, beleuchtet der Artikel auf Seite 26. Nordrhein-Westfalen ist als Flächenland nach einer Untersuchung des TÜV Rheinland aus dem vergangenen Jahr zwar an der Spitze der Breitbandversorgung mit einem Versorgungsgrad von 83,3 Prozent der Haushalte mit 50 MBit/s. Aber bei der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen liegt Nordrhein-Westfalen nur im Mittelfeld.

Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf: Bisher haben lediglich rund zehn Prozent der Privat-Adressen und etwa acht Prozent der Gewerbestandorte laut Gigabit.NRW in Nordrhein-Westfalen einen Glasfaseranschluss bis ins Gebäude. Hier ist noch viel zu tun. Die Landesregierung plant, mit einem Gigabit-Masterplan den Ausbau zu beschleunigen. Damit soll das Land bis 2025 über flächendeckende Gigabit-Netze verfügen. Laut Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart sollen dafür fünf Milliarden Euro in den Ausbau fließen – davon stammen rund zwei Milliarden aus dem Landeshaushalt, den Rest steuern Bund und EU bei. International liegt Deutschland beim Breitbandausbau nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Destatis mit 39,4 Breitbandabonnements je 100 Einwohnern auf Platz sieben von 33 OECD-Ländern, hinter Korea. Spitzenreiter sind die Schweiz und Dänemark.

Unternehmen brauchen „digitale Reife“

Parallel zum Breitbandausbau müssen allerdings noch viele Unternehmen für das Thema sensibilisiert und aktiviert werden. Denn viele von ihnen verstehen die Digitalisierung in erster Linie als Hebel zur Effizienzsteigerung. Die digitale Ökonomie verspricht jedoch auch neue, bisher ungenutzte Wertschöpfungspotenziale. Um diese Möglichkeiten erkennen und umsetzen zu können, müssen Unternehmen ihre sogenannte digitale Reife erhöhen – zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Die Digitale Transformation der Industrie“ der Unternehmensberatung Roland Berger und dem Bundesverband der Deutschen Industrie.

Zu dieser Reife gehört erstens eine bessere Durchdringung der digitalen Trends und Möglichkeiten; zweitens ein Verständnis dafür, wie sich die Wettbewerbsregeln im digitalen Raum ändern, um bestehende Geschäftsmodelle zu optimieren und neue zu entwickeln; und drittens die Fähigkeit zum Auf- und Ausbau jener Ressourcen, die nötig sind, um neue Chancen auch zu realisieren. Dabei sollte den Entscheidern immer bewusst sein, dass der Wettbewerber, den sie bislang vielleicht noch nicht einmal als solchen wahrgenommen haben, immer nur den berühmten einen Klick entfernt ist.

In Ostwestfalen-Lippe ist in Sachen digitaler Reife der Industrie in den vergangenen Jahren schon viel geschehen: Im Technologie-Netzwerk Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe – kurz „it’s OWL“ – haben sich seit 2012 über 180 Unternehmen, Hochschulen und weitere Partner zusammengeschlossen. Ausgezeichnet als Spitzencluster durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurden und werden in 47 Forschungsprojekten Intelligente Technische Systeme entwickelt und Industrie 4.0 zur Realität. In den Forschungsprojekten des Spitzenclusters entwickeln die wissenschaftlichen Einrichtungen der Region neue Technologien und Methoden in den Bereichen Selbstoptimierung, Mensch-Maschine-Interaktion, Intelligente Vernetzung, Energieeffizienz und Systems Engineering. Dadurch entsteht eine einzigartige Technologieplattform, mit der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe die Zuverlässigkeit, Ressourceneffizienz und Benutzerfreundlichkeit ihrer Produkte und Produktionssysteme steigern können.

KMU nicht abhängen

Viele Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere – haben nicht ausreichend Wissen, Erfahrung und Ressourcen, um die Potenziale dieser neuen Technologien für ihr Unternehmen zu bewerten und sie bedarfsgerecht in ihre Produkte und Produktionsprozesse zu implementieren. Darum wurden in den vergangenen fünf Jahren weit mehr als 150 Transferprojekte initiiert, die die praxisnahen Forschungsergebnisse im Mittelstand etablierten. Die ersten Schritte hin zur digitalen Reife sind damit gemacht. In diesem Jahr hat das Land NRW die Förderung solcher Transferprojekte wiederaufgenommen. Bislang konnte Ostwestfalen-Lippe über dieses Cluster und verschiedene andere Projekte schon einen vorderen Platz im Digitalisierungsrennen erobern. Zum Beispiel beim Thema „Internet of Things“ finden Lösungen und Anbieter aus OWL europaweit Beachtung. Vielleicht ist Digitalisierung am einfachsten zu meistern, wenn Unternehmen keine bestehenden Prozesse umstellen oder neu denken müssen, sondern wenn sie bei null anfangen. Hier kommen die Start-ups ins Spiel, die mit ihren zum Teil disruptiven Geschäftsmodellen die etablierte Wirtschaft überrumpeln können. Sie können aber auch innovativer Partner im Digitalisierungsprozess der bestehenden Unternehmen sein.

Förderung von Start-ups

Zur Förderung dieser jungen Unternehmen gibt es zahlreiche Aktivitäten und Institutionen in OWL. So entscheiden verschiedene Jurys regional über die Vergabe des Gründerstipendiums.NRW. Ansprechpartner in der IHK ist Thomas Mikulsky, Tel. 0521 554-239. In der Bielefelder Initiative für Unternehmensgründungen beraten Fachhochschule Bielefeld und IHK gemeinsam an jedem zweiten Dienstag im Monat Studierende und Wissenschaftler mit Gründungsideen. Termine können bei Claudia Rieke, IHK, Tel. 0521 554-226, vereinbart werden.

Die Paderborner „Garage 33“ bietet Start-ups eine Infrastruktur, um ihre Gründungsidee bis zur Marktreife zu entwickeln. Zugleich bietet sie gestandenen Unternehmen ein Innovationsquartier, um gemeinsam mit jungen Querdenkern disruptive Geschäftsmodelle zu entwickeln (www.garage33.de). In Bielefeld unterstützt die Founders Foundation Unternehmensgündungen und bildet talentierten Nachwuchs aus, der das Tempo der digitalen Welt in unternehmerische Prozesse überträgt (www.foundersfoundation.de). Der Bielefelder Pioneers Club bringt mittelständische Unternehmen, Start-ups, digitale Experten und Kreative in einer ideenfördernden Area zusammen. Der Coworking Space bietet dazu ein inspirierendes Umfeld (www. pioneers.club).

Flexibler und vernetzter

Die Arbeitswelt der Zukunft wird mit den beschriebenen Entwicklungen nicht nur digitaler, sondern auch flexibler und vernetzter. Dieser Prozess wird oft unter dem Begriff „Arbeit 4.0“ zusammengefasst. Sie ist gekennzeichnet durch neue Arbeitsformen und -verhältnisse, technologische Entwicklungen der Industrie 4.0 sowie eine zunehmende Vernetzung. Diese weitreichenden Veränderungen bergen Chancen und Risiken für die Arbeitnehmer und stellen das soziale Sicherungssystem auf die Probe.

Zum Beispiel ziehen sogenannte kollaborierende Roboter immer häufiger in die Produktionshallen ein. Diese Maschinen arbeiten ohne Schutzzaun direkt mit Beschäftigten zusammen. Der Kollege Roboter ist damit nicht mehr nur Science-Fiction. Von der Arbeitssicherheit bis zu sozialen Auswirkungen müssen hier Regelungen angepasst oder neu entwickelt werden. Ein zweites Beispiel liefert der 3D-Druck. Diese neuen Fertigungs- und Entwurfsverfahren stellen völlig neue Anforderungen an Entwicklungs- und Produktionsfachkräfte. Es ist sogar denkbar, dass die Produktion bis zum Endkunden verlagert wird. Der digitale Wandel erfasst alle Lebens- und Arbeitsbereiche.

Neue und etablierte Anwendungen machen mobil und flexibel und erlauben nahezu unbegrenztes Arbeiten am Arbeitsplatz, Zuhause, unterwegs auf dem Weg zur Arbeit oder am mobilen Arbeitsplatz. Smartphone und Tablet ermöglichen eine ständige Erreichbarkeit. In diesem Zusammenhang entstehen Belastungenund Beanspruchungen, die noch genau ermittelt und bewertet werden müssen. Zusätzlich werden neben bekannten Normalarbeitsverhältnissen vielfältige Formen heute atypischer Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Dazu gehören zum Beispiel Click- und Crowdworking, bei dem die Unternehmen ihren Arbeitskräftebedarf orientiert über ein virtuelles Netzwerk häufig weltweit rekrutieren. Die Digitalisierung birgt Chancen und Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft. Ostwestfalen ist technologisch gut vorbereitet und kann sich auf dieser Basis kompetent in die sozialen Entwicklungen einbringen.

Uwe Lück, IHK Ostwestfalen // Rubriklistenbild: Korn V./stock.adobe.com

Dieser Artikel ist erschienen im IHK-Magazin Ostwestfälische Wirtschaft, Ausgabe Januar 2019

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