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Neue Strategie für Kunststoffe

Neue Strategie für Kunststoffe

Neue Strategie für Kunststoffe
chrisberic/stock.adobe.com

Unternehmen, die Geschäfte mit Kunststoffen machen, haben es derzeit nicht leicht. Die Betroffenheit ist groß, denn egal ob es um die Kunststoffherstellung, den Handel oder die Wiederverwertung geht, es gibt von mehreren Seiten neue Entwicklungen. Doch der Reihe nach. Zunächst lief die Meldung über den Ticker, dass China seit Anfang 2018 faktisch ein Importverbot für insgesamt 24 Abfallarten, darunter auch Kunststoff, verhängt hat.
Die Dimension ist beträchtlich, denn nach Angaben von Statistischem Bundesamt und Umweltbundesamt wurden allein aus Deutschland im Jahr 2016 rund 560.000 Tonnen Kunststoffabfälle nach China exportiert. Bei der grenzüberschreitenden Abfallverbringung ist das so genannte „Basler Übereinkommen“ zu beachten. Da es sich bei Kunststoffen um nicht notifizierungspflichtige Abfälle handelt, konnten diese Fraktionen bisher ohne besonders großen Aufwand nach China exportiert werden.

CHINA SETZT IMPORTVERBOTE UM

Diese Entwicklung deutete sich an, denn bereits seit 2013 ist es in China im Rahmen der Operation „Green Fence“ zu ersten Verschärfungen bei importierten Abfallstoffen gekommen, die sich seit 2016 weiter verdichteten. China will aufgrund seiner teilweise stark belasteten Umwelt weitere negative Entwicklungen verhindern, denn bei Kontrollverfahren von lokalen Recyclingunternehmen sollen Schadstoffe, die sich in den importierten Abfällen befunden haben, in den Recyclingprozess gelangt sein. Darüber hinaus verfolgt die chinesische Regierung das Ziel, die aus vielen kleinen Anbietern bestehende eigene Entsorgungs- und Recyclingbranche zu stärken und die Verwertungsquoten im eigenen Land zu erhöhen. Für Deutschland rechnen Experten damit, dass aufgrund der geschilderten Entwicklung mit einem deutlich höheren Angebot von Kunststoffabfällen zu rechnen ist und diese auf recht knappe Wiederverwertungs- und Entsorgungskapazitäten stoßen. Das dürfte die Preise zumindest vorübergehend steigen lassen.

NEUE EUROPÄISCHE KUNSTSTOFFSTRATEGIE

Die europäische Kommission hat bereits reagiert und im Januar dieses Jahres eine eigene Kunststoffstrategie vorgelegt. Der Umgang der in Europa jährlich erzeugten 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle soll neu geregelt werden. Frans Timmermanns, Erster Kommissionsvizepräsident gibt die Richtung vor: „Wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir Kunststoffe herstellen und verwenden, wird 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fische.“ Nach den neuen Plänen sollen alle Kunststoffverpackungen ab 2030 auf dem europäischen Markt recyclingfähig sein, der Verbrauch von Einwegkunststoffen reduziert und die absichtliche Verwendung von Mikroplastik beschränkt werden. Das hat beträchtliche Auswirkungen auf Herstellung, Design, Verwendung und Recycling von Kunststoffprodukten. Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind betroffen und sollten ihre Prozesse rechtzeitig mit den politischen Forderungen abgleichen. Es bleibt abzuwarten, ob die Chancen für eine sich neu zu positionierende Kunststoffindustrie im Sinne des Umweltschutzes überwiegen oder die Belastungen für diesen Industriezweig im globalen Umfeld in den Vordergrund treten.

VERPACKUNGSGESETZ LÖST VERPACKUNGSORDNUNG AB

Auch das neue deutsche Verpackungsgesetz, das ab Januar 2019 die mehrfach novellierte Verpackungsverordnung ablösen wird, greift in diese Thematik ein. Denn die derzeit geltenden gesetzlichen Recyclingquoten für alle Materialarten werden zum Teil deutlich angehoben. Für Kunststoffe bedeutet das eine Steigerung von heute 60 Prozent auf 90 Prozent bereits in 2019. Dabei sind mindestens 65 Prozent stofflich, ab 2022 sogar 70 Prozent stofflich zu verwerten. Zusätzlich müssen Unternehmen sich bei der neu eingerichteten „Zentralen Stelle“ online mit diversen Angaben selbst registrieren. Und das frühzeitig, bevor sie erstmals verpackte Waren verschicken. In jedem Fall jedoch vor dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes am 1. Januar 2019. Die Vorbereitungen hierzu laufen derzeit auf der Homepage der Zentralen Stelle. Unternehmen, die bisher eine Vollständigkeitserklärung (VE) abgeben mussten, sind auch zukünftig dazu verpflichtet. Die jährlichen Mengenschwellen des Vorjahres (80 Tonnen Glas, 50 Tonnen Papier/Pappe/Karton, 30 Tonnen Leichtverpackungen) haben sich nicht verändert, wohl aber der Zeitpunkt zur Abgabe der VE. Er liegt ab 2019 am 15. Mai (vormals 1. Mai). Die VE ist ab dann nicht mehr bei der regionalen Industrie- und Handelskammer zu hinterlegen, sondern bei der Zentralen Stelle. Die vorherige Prüfung durch einen bei der Zentralen Stelle registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc. ist obligatorisch und war bereits in der Verpackungsverordnung enthalten.
Ulrich Tepper, IHK

Höchste Zeit Der Umgang der in Europa jährlich erzeugten 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle soll neu geregelt werden. Sonst schwimmt Experten zufolge bis 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik als Fische.

HINTERGRUND
Die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister mit Sitz in Osnabrück will ab dem 1. Januar 2019 mit einem Register und einer Datenbank für mehr Transparenz sorgen. Bereits ab dem dritten Quartal dieses Jahres können sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen voraussichtlich registrieren lassen. Aktuelle Informationen finden sich im Internet unter www.verpackungsregister.org, Tel.: 0541 20 19 71 10. Ansprechpartner bei der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld ist Ulrich Tepper, IHK Ostwestfalen, Tel.: 0521 554-107, E-Mail: u.tepper@ostwestfalen.ihk.de

Autor: Ulrich Tepper

Quelle: Die Ostwestfälische Wirtschaft – kurz OWi genannt – ist das Wirtschaftsmagazin für die starke Region Ostwestfalen. Blättern Sie hier online durch die aktuelle Ausgabe.

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