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16. Internationale IHK-Begegnungswoche: Ostwestfalen meets Russia vom 11.-13. Juni 2018

Teil III: Mit dem Verstand ist Russland nicht zu erfassen

Foto DIHK: Dr. Volker Treier

INTERVIEW  AUS DER OWi MIT DR. TREIER, DIHK-INTERNATIONAL

Oft wird über das angespannte politische Verhältnis zwischen Deutschland und Russland berichtet. Wie schätzen Sie die Lage nach der Präsidentenwahl ein?

In den deutsch-russischen Handelsbeziehungen spiegelt sich die angespannte politische Lage wider. Zwar hat die russische Volkswirtschaft im letzten Jahr von der Stabilisierung der Ölpreise sowie des Rubels profitiert. Russland ist 2017 erstmals seit 2014 wieder leicht gewachsen und auch dieses Jahr rechnen wir mit einer BIP-Zunahme von mehr als 1,5 Prozent. Die Unsicherheiten mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung bleiben jedoch groß. In der Praxis zeigt sich, dass insbesondere seit Inkrafttreten der Sanktionen, Maßnahmen zur Benachteiligung ausländischer Investoren festzustellen sind.

Welche Auswirkungen sehen Sie durch die beiderseitigen Sanktionen?

Sanktionen, Gegensanktionen und – nicht zu vergessen – der damalige Verfall von Öl- und Gaspreisen hatten zur Folge, dass unser Export nach Russland um 40 Prozent einbrach. Mittlerweile haben die Unternehmen beider Länder jedoch gelernt, mit den Regelungen umzugehen. Der Handel hat spürbar Aufwind. Aber keine Frage: Die Sanktionen begrenzen unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten spürbar.

In China gibt es einen „Präsidenten auf Lebenszeit“, Putin ist der starke Mann Russlands. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie für Russland?

In Russland, der zwölftgrößten Volkswirtschaft der Erde, ist von einer Kontinuität des wirtschaftspolitischen Kurses auszugehen. Das muss nicht nur schlecht sein: So hat sich Russland beispielsweise im Ease of Doing Business Index der Weltbank seit 2011 um mehr als 80 Plätze auf aktuell Rang 35 verbessert. Auch stehen die Kosten für Beschäftigung und Produktion in einem relativ guten Verhältnis zur Produktivität. guten Verhältnis. Andererseits bestehen alte Strukturen aber fort: Staatsnahe Betriebe werden häufig privilegiert. Was deutsche Unternehmen ganz konkret besorgt, sind die strengen – und leider oftmals auch intransparenten – Lokalisierungsanforderungen. Aktuell ist die Automobilindustrie betroffen. Für diese Branche wurden die Anforderungen Ende 2017 nochmals verschärft. Werden diese nicht erfüllt, so bleibt den betreffenden Unternehmen das Label „Made in Russia“ und damit staatliche Unterstützung und Aufträge verwehrt.

Ein Lob zum Schluss: Was fasziniert Sie an diesem Land?

Faszination wäre angesichts der derzeitigen Lage und jüngsten Ereignisse wohl zu viel gesagt. Aber Russland und die russische Wirtschaft haben Potenzial. Allen Rückschlägen zum Trotz geben die Menschen nicht auf. Russland ist und bleibt ein Land der Gegensätze – das zieht sich durch alle Bereiche des Lebens und trifft nicht zuletzt auch auf die russische Wirtschaft zu. Wir werden also weiterhin mit einem Russland zu tun haben, das wir aus vielen Gründen schätzen und dass es uns gleichzeitig schwer macht, in seinem Handeln partnerschaftliche Ansätze zu erkennen. Wie schon ein bekanntes russisches Sprichwort sagt: „Mit dem Verstand ist Russland nicht zu erfassen.“
Autor: Heiko Stoll

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