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IHK-Verkehrsforum: Mit Bits und Bots auf den Lkw

Die Digitalisierung macht auch vor der Logistik nicht Halt und wird in den kommenden Jahren in ihrer Bedeutung noch zunehmen. Zu diesem Fazit kamen die sechs Referenten des IHK-Verkehrsforums „Logistik 4.0 – Radikal Digital“.

Dennoch, und das ließ vor allem nach den Inhalten der Fachvorträge aufhorchen, „können 30 Prozent der Logistik-Unternehmer, die sich nicht mit der Digitalisierung befassen, gar nicht genau sagen, warum sie das nicht tun“, stellte Joachim Wallenstein von der Münchener Logistikplattform RIO fest, die eigene Erhebungen zum Thema aufgestellt hatte. Seine Präsentation bildete den Abschluss eines Nachmittags, der Einblicke und Ausblicke auf die Digitalisierung entlang der Lieferkette gewährt und rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Ostwestfalensaal der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld gelockt hatte.

„Viele Unternehmen sind angesichts der wachsenden digitalen Anforderungen, sei es von Kunden- oder Lieferantenseite, verunsichert. Man muss auch sicher nicht jedem Trend hinterherlaufen. Aber man sollte wissen, welche Trends relevant sind für das eigene Unternehmen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können“, eröffnete Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer das Forum, das in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfand. Es werde in der digitalen Transformation Gewinner und Verlierer geben. „Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation ist die Bereitschaft in den Unternehmen zur Umstellung, zur Veränderung“, gab Gräfe den anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmern mit auf den Weg. Im Anschluss präsentierten die sechs Experten verschiedene Aspekte der Digitalisierungsprozesse in der Logistik.

Elektronischer Datenaustausch noch längst kein Standard

Prof. Dr.-Ing. Jörg Nottmeyer, Professor für Produktionslogistik und Studiengangsleiter Digitale Logistik am Campus Gütersloh der Fachholschule Bielefeld, blickte in seinem Vortrag auf den Status Quo der Digitalisierung in der Logistik und schilderte dabei aus seiner 20-jährigen Berufserfahrung, die ihn unter anderem mit den überholten Bestellprozessen im Staatsdienst konfrontiert sah. „Noch heute werden Bestellungen mit dem Fax oder per Brief erledigt. Dazu kommen Lieferpapiere, Rechnungen, die als E-Mail eintreffen und dann ausgedruckt und abgestempelt werden“, berichtete er. Gründe dafür seien rechtliche Unsicherheiten, aber auch Sätze wie „Es funktioniert eben“ oder „Das haben wir immer so gemacht“ seien keine Seltenheit. Dabei könnten Prozesse, die bis zu einer Woche Zeit in Anspruch nehmen würden, mittels elektronischen Datenaustauschs (EDI) auf bis zu eine Minute reduziert werden. Doch auch in der Wirtschaft seien diese Prozesse sowie technologische Innovationen wie fahrerlose Transportsysteme noch längst kein Standard, obwohl sie weitreichende Vorteile wie ein verringertes Unfallrisiko oder eine pausenlose Arbeitsleistung bieten würden. Mit Skepsis blickte Nottmeyer zudem auf die weitere Entwicklung einiger Technologien. Autonom fahrende Lkw auf der Straße, so blickte er voraus, werde vermutlich für den volkswirtschaftlichen Einsatz frühestens in 30 Jahren tatsächlich Umsetzung finden.

Bernd Jaschinski-Schürmann, Head of Supply Chain Consulting bei der Arvato Systems GmbH in Gütersloh, fokussierte sich in seinem Vortrag auf Chatbots. Dabei stellte er die vielfältigen Anwendungsgebiete vor, in denen Chatbots schon heute die Unternehmen bei alltäglichen Aufgaben unterstützen könnten. Von „Formular-Bots“, die Checklisten oder Gefahrgut-Checks abarbeiten könnten, über „Termin-Bots“, die Arbeit bei Terminansetzungen oder Pförtner-Anmeldungen übernehmen bis zu „Bestell-Bots“, die sich zum Beispiel um artikelbezogene Verfügbarkeitsabfragen der Kunden kümmern könnten. „Sie können Prozesse effektiver gestalten, Supportkosten senken und sind mit mobilen Geräten standortunabhängig nutzbar“, führte Jaschinski-Schürmann nur einige der Vorteile auf.

Mittelstand kann Vorreiterposition einnehmen

Anschließend referierte Andreas Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) über elektronische Frachtbriefe (eCMR) und Plattformen in der Logistik. Neben den eCMR, die für eine verbesserte Effizienz und Transparenz entlang der Lieferkette sorgen können, kam er dabei auch auf die Bedeutung vom Lastkraftverkehr auf der Straße zu sprechen. „Aktuell werden 73 Prozent des Gesamtvolumens im Güterverkehr mit LKW transportiert. 2030 werden es circa 80 Prozent sein. Die Branche muss dafür insgesamt attraktiver gestaltet werden und der Beruf des Lastkraftfahrers muss mehr Ansehen erhalten“, plädierte Schmidt.

Von der GS1 Germany GmbH in Köhn war Dirk Freda zu Gast, der über Anwendungsgebiete von Blockchain und Datenaustausch in der Logistik informierte. Dabei stellte er das Beispiel des offenen Palettenaustauschs von Unternehmen vor, an dem die Möglichkeit einer für alle Beteiligten transparenten Lieferkette durch Blockchain-Technologien deutlich wurde. Besonders im Mittelstand sah er große Potenziale für Einsätze, da die Unternehmen grundsätzlich schneller entscheidungsfähig seien als Großkonzerne und somit Vorreiterpositionen einnehmen könnten.

Felix Schymetzko von der Bielefelder itelligence AG erläuterte die Automatisierung von Versandlogistikprozessen im SAP ERP. Er hob dabei die Wichtigkeit des Informationsaustausches mit Partnern, der in einer Ende-zu-Ende-Sichtbarkeit der Lieferprozesse resultieren solle, hervor. Hierbei seien Programme wie die vorgestellte SAP-Lösung bedeutsame Begleiter in der Digitalisierung der Logistik.

Foto: Diskutierten digitale Mobilitätsformen: Andreas Schmidt, Thomas Weitkamp, IHK-Referent Verkehr, Stadt- und Regionalplanung, Joachim Wallenstein, Bernd Jaschinski-Schürmann, Gerke Buss, Senior Growth Manager der FreightHub GmbH Berlin, Prof. Dr.-Ing. Jörg Nottmeyer, Dirk Freda und der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe.

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