Am 30. März hat das Bundeswirtschaftsministerium die Frühwarnstufe des sogenannten Notfallplans Gas in Kraft gesetzt. Es ist die erste von drei Krisenstufen dieses Notfallplans, der die Bundesrepublik Deutschland auf eine mögliche erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vorbereiten soll.
Für den Fall einer drohenden oder eintretenden Gasversorgungskrise in der BRD gibt es den Notfallplan Gas. Grundlage ist die europäische SoS-VO. Konkretisiert wird er durch den Leitfaden Krisenvorsorge Gas, der insbesondere die prozessualen Abläufe und die damit verbunden Informationspflichten und Kommunikationswege für eine koordinierte Umsetzung der Maßnahmen beschreibt und darüber hinaus auch für die Szenarien eines lokalen Versorgungsengpasses sowie einer Überspeisung des Marktgebiets gültig ist.
Im Großen und Ganzen eröffnet der Notfallplan Gas in drei Krisenstufen einen Maßnahmenpool unterschiedlicher Eingriffstiefe. Während Frühwarn- und Alarmstufe auf eigenverantwortliche Maßnahmen der zuständigen Marktakteure nach Energiewirtschaftsgesetz setzen, greift die Notfallstufe zusätzlich auf hoheitliche Instrumente nach Energiesicherungsgesetz und Gassicherungsverordnung zurück. Die Zuständigkeit für das Ausrufen von Frühwarn- und Alarmstufe liegt beim Bun-deswirtschaftsministerium und wird durch Presseerklärung bekannt gegeben. Die Feststellung der Notfallstufe erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung (Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich) und wird im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben, das Wirtschaftsministerium informiert per Pressemitteilung. Die Stufen müssen nicht nacheinander ausgerufen werden. In Abhängigkeit von Schweregrad, Dringlichkeit und erforderlicher Maßnahmenart können auch sofort Alarm- und Notfallstufe festgestellt werden. Einer vorrangigen Versorgung unterliegen dabei stets geschützte Kunden, dazu gehören:
− Letztverbraucher mit Standardlastprofilen sowie Letztverbraucher, die Haushaltkunden zum Zwecke der Wärmeversorgung beliefern
− Grundlegende soziale Dienste (bspw. Gesundheitsversorgung, Sicherheit, Bildung oder öffentliche Verwaltung)
− Fernwärmeanlagen zur Versorgung der o. g. Kunden, soweit sie keinen Brennstoffwechsel vornehmen können
Zum marktbasierten Portfolio (§§ 16 und 16 a EnWG) in der Frühwarn- und Alarmstufe gehören unter anderem netz- und marktbezogene Maßnahmen wie beispielsweise die Optimierung von Lastflüssen oder die Kürzung bzw. Unterbrechung auf Basis vertraglicher Ausgestaltungen (Abschaltkunden) sowie im weiteren Verlauf gegebenenfalls auch die Kürzung von Letztverbrauchern in der Reihenfolge: 1. nicht geschützte Kunden, 2. systemrelevante Gaskraftwerke, 3. geschützte Kunden. Bei der Wahl der Maßnahmen sollen solche den Vorzug erhalten, die Umwelt und Wirtschaft am wenigsten belasten.
In der Notfallstufe übernimmt die Bundesnetzagentur die Rolle des Bundeslastverteilers und kann per Verfügungen sehr weitreichend in den Markt eingreifen, um die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs zu sichern. Verbraucherseitig umfasst das unter anderem Vorgaben über Zuteilung, Bezug und Verwendung von Gas sowie den Ausschluss vom Gasbezug, beispielsweise Anordnungen zu Reduktion des Gasverbrauchs, zur Abschaltung von Industriekunden, zur Substitution von Erdgas durch andere Energieträger usw.
Entsprechend des Notfallplans sind zunächst nicht geschützte Letztverbraucher (mit registrierender Leistungsmessung RLM) zu kürzen. Ob-wohl der Notfallplan hier nicht differenziert, sieht der Leitfaden Krisenvorsorge Gas die Festlegung einer diskriminierungsfreien Abschaltreihenfolge für diese Letztverbraucher auf Basis verschiedener Kriterien vor. Dazu können unter anderem physikalische Gegebenheiten, Kapazitäten, Wirksamkeit und Folgen von Abschaltungen, die (Un)Möglichkeit eines Brennstoffwechsel oder Auswirkungen auf das öffentliche Leben durch die Abschaltung gehören. Insofern ist es ratsam, entsprechenden Informationsaufforderungen möglichst umfassend nachzukommen.
Soweit zeitlich möglich, sollten Öffentlichkeit bzw. von Kürzungen voraussichtlich betroffene Netzkunden frühzeitig über bevorstehende Lastabschaltungen informiert werden. Über drohende Kürzungen informiert der Netzbetreiber seine RLM-Letztverbraucher unverzüglich. Auch über tatsächliche Kürzungen werden RLM-Letztverbraucher informiert und erhalten eine Aufforderung, den Verbrauch in einem vor-gegebenen Zeitfenster zu reduzieren. Im Falle einer erforderlichen Abschaltung von Letztverbrauchern mit Standardlastprofil erfolgt die Aufforderung zur Reduzierung des Verbrauchs über öffentliche Bekanntmachung.
Quelle: DIHK, Berlin