In Ostwestfalen hat nur Höxter die Gewerbesteuer erhöht. Im bundesweiten Vergleich liegen die ostwestfälischen Kommunen über dem Durchschnitt, NRW bleibt „Gewerbesteuer-Hochburg-Land“
Die Gemeinden haben mit ihrer Hebesatzpolitik für die Gewerbe- und die Grundsteuer einen großen Einfluss auf die Standortattraktivität. Seit der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Gewerbesteuer zu einem entscheidenden Standortfaktor geworden. Durch die Hinzurechnungen von Kosten wie Miet- und Zinsaufwendungen ist die Gewerbesteuer entgegen der Auffassung vieler Kommunalpolitiker keine reine Gewinnsteuer mehr.
Auch die fehlende Abzugsmöglichkeit als Betriebsausgabe macht die Gewerbesteuer zu einem echten Kostenfaktor für die Unternehmen. So sorgt jede Erhöhung der Hebesätze bei Kapitalgesellschaften für höhere Ausgaben, der Gewinn geht zurück. Auch bei Personengesellschaften ist eine Erhöhung der Hebesätze oftmals gleichbedeutend mit einer Zunahme der Kosten. Die Anrechnung der Gewerbesteuer funktioniert nur bis zu einem Hebesatz von 380. Dieser Hebesatz wird von dem Großteil der Kommunen in Ostwestfalen bereits seit langem überschritten. Aktuell gibt es in Ostwestfalen nur noch drei Kommunen, die diesen wirtschaftsfreundlichen Hebesatz nicht überschreiten: Verl mit 340 Punkten, Harsewinkel und Schloß Holte-Stukenbrock mit 370 Punkten. Außerdem müssen für die Anrechnung weitere Voraussetzungen erfüllt sein: Die Gewerbesteuer kann beispielsweise nur gegen den Einkommensteueranteil für gewerbliche Einkünfte verrechnet werden. Sind diese aber Null, kann auch keine Gewerbesteuer verrechnet werden.
Der durchschnittliche Hebesatz bei der Gewerbe- und Grundsteuer in NRW liegt im Vergleich zu den anderen Flächenländern teilweise über 100 Punkte höher. Im Bundesdurchschnitt steigt der Gewerbesteuerhebesatz für die 699 Gemeinden ab 20.000 Einwohnern von 435 Prozent (2018) auf 436 Prozent. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre betrug der Anstieg fünf Prozentpunkte. In diesem Jahr haben acht Prozent der bundesdeutschen Gemeinden ihren Gewerbesteuerhebesatz nach oben geschraubt. Das sind nahezu gleich viel wie in den Vorjahren. Im Einzelfall sind die Steigerungen jedoch sehr deutlich. Bei Dreiviertel der insgesamt 54 Gemeinden, die ihren Hebesatz erhöht haben, betrug der Anstieg zehn Prozentpunkte und mehr. Gleich geblieben ist auch die Anzahl der Gemeinden, die ihren Hebesatz gesenkt haben: immerhin acht. Besonders deutlich wurde der Hebesatz in Langenfeld, Kreis Mettmann, reduziert, um 30 Punkte.
Die Unterschiede beim Gewerbesteuerhebesatz sind noch größer geworden. Der regionale Schwerpunkt der Hochsteuerkommunen liegt weiterhin im Westen: Die „TOP-30“ der Gemeinden beim Gewerbesteuerhebesatz liegen allesamt in Nordrhein-Westfalen und werden angeführt von Oberhausen (580 Prozent), Mülheim und Erftstadt (jeweils 550 Prozent), dicht gefolgt von Herdecke (535 Prozent) und Marl (530 Prozent). Die niedrigsten Hebesätze erheben Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft wirtschaftlich starker Großstädte: Monheim in Nordrhein-Westfalen (250 Prozent) in Nachbarschaft zur Landeshauptstadt Düsseldorf und Unterhaching in Bayern (295 Prozent), das an München grenzt.
Die Hebesatzdynamik ist bei den mittelgroßen Städten zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern höher als in anderen Größenklassen. Unter den Großstädten ab 500.000 Einwohnern wurde der Hebesatz in diesem Jahr nicht angehoben.
Der DIHK hat aufgrund seiner Umfrage zu den Hebesätzen 2019 daher folgenden Belastungsvergleich aufgestellt:
Unternehmen in Nordrhein- Westfalen | Unternehmen in Niedersachsen | Unternehmen in Rheinland- Pfalz | Unternehmen in Baden- Württemberg | |
Gewerbesteuer 2019 | 324.987 | 292.473 | 286.941 | 270.347 |
Grundsteuer B 2019 | 31.133 | 24.360 | 22.785 | 22.260 |
Summe der Be- lastung | 356.120 | 316.833 | 309.726 | 292.607 |
Differenz zu Nordrhein-
Westfalen |
– | -39.287 | -46.394 | -63.513 |
Tabelle: Vergleich der Zahllasten der Gewerbe- und der Grundsteuer, bezogen auf eine typisierte mittelständische Kapitalgesellschaft mit einem Jahresgewinn von zwei Millionen Euro und einem Einheitswert der Gewerbeimmobilie von 1,5 Millionen Euro, Beträge in Euro; Verwendung des jeweiligen gewogenen durchschnittlichen Hebesatzes auf Ebene des Bundeslandes
Als die Kommunen ihre Haushaltsplanungen in Ostwestfalen für das Jahr 2020 aufstellten, war von der Corona-Pandemie noch keine Rede. Die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer wurden noch vor dem Hintergrund von Steuerrekordeinnahmen aufgrund der boomenden Konjunktur und den daraus resultieren Steuerschätzungen festgelegt.
Für das Jahr 2019 prognostizierten die Steuerschätzer für die Gemeinden Steuereinahmen in Höhe von 113,7 Milliarden Euro (2018: 111,3 Milliarden Euro), im Jahr 2020 sollten es sogar 117,7 Milliarden Euro sein. Einzig die Verwaltung und die Politik in Höxter möchten diese rosigen Aussichten nicht überzeugen und es wurden sowohl der Hebesatz für die Gewerbesteuer von 427 auf 432 Punkte, als auch bei der Grundsteuer B von 442 auf 450 Punkte erhöht.
Bei der Grundsteuer B erhöhte neben Höxter auch die Stadt Marienmünster ihren Hebesatz von 422 auf 430 Punkte. Gesenkt haben aber Halle/W. (429 auf 381), Verl (230 auf 190), Löhne (490 auf 480), Spenge (620 auf 590), Petershagen (600 auf 550), Porta Westfalica (590 auf 530) und Büren (460 auf 456).
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben mahnt bereits jetzt zu verantwortungsvollen Umgang bei zukünftigen Hebesatzberatungen: „Durch die Corona-Pandemie sind viele Gewerbesteuerzahler unmittelbar oder mittelbar betroffen. Das schlägt sich auch in den kommunalen Haushalten nieder, gerade wenn bisher verlässliche große Gewerbesteuerzahler zeitgleich ausfallen. Wie stark die Steuerrückgänge letztlich ausfallen, hängt vom weiteren Verlauf der Krise ab. Ziel muss es sein, das wirtschaftliche Band zwischen den Gemeinden und den Unternehmen in der Krise zu erhalten. Dazu gehören sicher nicht Erhöhungen der Gewerbesteuer. Die Hebesätze sind bereits heute in zahlreichen Kommunen hoch. Nicht zuletzt wegen der Gewerbesteuer liegt die effektive Steuerlast der deutschen Unternehmen im internationalen Vergleich nahezu an der Spitze der OECD-Länder.“
Bernd Falge, IHK
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