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Bei Kraftfahrern mit ausländischer EU-Fahrerlaubnis genau hinschauen, es drohen empfindliche Strafen für Fahrer und Unternehmen

In letzter Zeit erreichen die IHK verstärkt Anfragen zur Gültigkeit ausländischer EU-Führerscheine in Deutschland. Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich. Es kommt auf den konkreten Einzelfall an – allerdings handelt es sich nicht nur um Einzelfälle, sondern um ein flächendeckendes Problem in der Transportbranche, insbesondere für Unternehmen, die aufgrund des Fahrermangels verstärkt ausländische Kraftfahrer akquirieren.

Achtung: Das Führen eines Fahrzeugs ohne (gültige) Fahrerlaubnis stellt einen Straftatbestand dar und wird mindestens mit empfindlichen Geldstrafen für Fahrer und Arbeitgeber belegt. In der Vergangenheit genügte eine Geschwindigkeitsübertretung, die erst zu einer Führerscheinüberprüfung führte, dann zu einer Prüfung aller im Betrieb eingesetzten Fahrerlaubnisse und in der Folge zu hohen Geldstrafen und umfangreichem Personalverlust für das Unternehmen.

Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, unterliegen dem deutschen Fahrerlaubnisrecht, auch wenn diese einen ausländischen EU-Führerschein besitzen. Grundsätzlich gilt, dass bei Wohnsitzverlegung aus einem Drittstaat in einen EU-Staat Führerscheine mit einer theoretischen und praktischen Führerscheinprüfung umgeschrieben werden müssen. Jeder EU-Staat hat jedoch die Möglichkeit, auf nationaler Ebene Erleichterungen bei der Umschreibung zu ermöglichen. In Deutschland ist dies in der Anlage 11 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) umgesetzt worden. Diese Anlage listet alle Drittstaaten auf, bei denen eine erleichterte Umschreibung in Form eines Verzichtes auf die theoretischen und/oder praktischen Führerscheinprüfungen möglich ist.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Fahrer mit rumänischem Führerschein wird bei einer deutschen Firma als Berufskraftfahrer eingesetzt. Er hat inzwischen auch einen Wohnsitz in Deutschland angemeldet. Allerdings wurde in Rumänien aufgrund nationaler Erleichterungen sein ursprünglich moldawischer Führerschein prüfungsfrei umgeschrieben. Moldawien ist in der Anlage 11 FeV nicht aufgeführt. Das bedeutet, dass moldawische Führerscheine bei einer Wohnsitzanmeldung in Deutschland zwingend mit einer theoretischen und praktischen Führerscheinprüfung umgeschrieben werden müssen. Dies lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass ein anderer EU-Staat, in diesem Fall Rumänien, eine prüfungsfreie Umschreibung moldawischer Führerscheine ermöglicht. Der so in Rumänien erworbene Führerschein wird daher mit der Schlüsselzahl 70 (MD) gekennzeichnet, sodass dieser zwar in Rumänien gültig ist, allerdings nicht in Deutschland. Nur, wenn in Rumänien der moldawische Führerschein mit einer theoretischen und praktischen Prüfung umgeschrieben wird, gilt dieser auch in jedem anderen EU-Staat. Solange der Wohnsitz ausschließlich in Rumänien bleibt, ist alles gut – das böse Erwachen kommt erst nach der Wohnsitzanmeldung in Deutschland bzw. auch in jedem anderen EU-Staat, der keine prüfungsfreie Umschreibung moldawischer Führerscheine ermöglicht.

Ein weiterer verwirrender Faktor: Steht im Führerschein die Schlüsselzahl 70, kann man daran nicht erkennen, ob die Umschreibung mit oder ohne Führerscheinprüfung erfolgt ist. Die Schlüsselzahl besagt nur, dass eine Umschreibung eines Führerschein erfolgt ist, der seinen Ursprung in einem anderen Staat hat. Ob ein so gekennzeichneter Führerschein in Deutschland gültig ist, lässt sich nur durch eine offizielle Anfrage der deutschen Fahrerlaubnisbehörde an die ausländische Fahrerlaubnisbehörde herausfinden, die die Umschreibung durchgeführt hat – das kann dauern. Dabei ist das geschilderte Beispiel nur eines von vielen. Etliche EU-Länder haben solche Erleichterungen geschaffen – für eine große Zahl an Drittländern. Insgesamt führt das zu einer sehr unübersichtlichen Situation.

Und noch ein Problem: Bei einer prüfungsfreien Umschreibung von einer Drittstaaten- in eine EU-Lizenz müssen die Fahrer in Ausnahmefällen wie dem oben geschilderten keine Grundqualifikation, sondern nur eine Weiterbildung absolvieren. Auch hier kommt bei Wohnsitzverlegung nach Deutschland die Ernüchterung: Bevor der Fahrer die Schlüsselzahl 95 erhält, muss erst einmal die Grundqualifikation im vollen Umfang absolviert werden.

Zum guten Schluss wird es völlig undurchsichtig, und zwar in Sachen Gültigkeitsfrist der Fahrerlaubnisklassen: In Deutschland gilt z. B. für die Lkw- und Busklassen eine fünfjährige Gültigkeit, eine Verlängerung gibt es nur gegen ärztliches Zeugnis und bei Bus zusätzlich auch nur mit einem sauberen Führungszeugnis. Einige EU-Länder haben aber längere Gültigkeitsfristen, teils bis zu 15 Jahren. Der Inhaber eines rumänischen Führerscheins, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, muss aber die deutschen Gültigkeitsfristen einhalten, nicht die längeren rumänischen Fristen, die auf seinem Führerschein vermerkt sind. Auf die Gültigkeitsfristen im Führerschein kann sich also auch der Unternehmer nicht verlassen.

Daher empfiehlt die IHK jedem Transportunternehmer dringend: Verschaffen Sie sich Sicherheit über die Gültigkeit der in Ihrem Unternehmen im Einsatz befindlichen Führerscheine! Eine praktikable und zeitnahe Lösung ist, die ausländischen EU-Führerscheine von in Deutschland wohnenden Mitarbeitern grundsätzlich in deutsche EU-Führerscheine umtauschen zu lassen. Auch für die Zukunft sollte man die Augen offenhalten, denn auch wenn die oben genannten Probleme nur Mitarbeiter mit einem Wohnsitz in Deutschland betreffen, kann sich ein ausländischer Mitarbeiter ja jederzeit mit seiner Familie in Deutschland ansiedeln. Nähere Infos, Beispiele und Ansprechpartner finden Sie in unserem Merkblatt auf der IHK-Homepage „Vorsicht Falle bei ausländischen EU-Führerscheinen“.

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