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Verbraucher muss auch bei Widerruf nach Vertragserfüllung nicht zahlen

Widerruft ein Verbraucher, der vom Unternehmer nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, während der Widerrufsfrist einen bereits erfüllten, außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, so ist er von jeder Zahlungspflicht befreit. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Nach dem Urteil vom Mittwoch muss der Unternehmer die Kosten selbst tragen, die ihm für die Erfüllung des Vertrags entstanden sind.

Betrieb versäumte Unterrichtung des Verbrauchers

Ein Verbraucher schloss mit einem Unternehmen einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses. Das Unternehmen versäumte es jedoch, ihn über das Widerrufsrecht zu unterrichten, das dem Verbraucher grundsätzlich während 14 Tagen zusteht, da der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Dienstleisters abgeschlossen worden war.

Elektriker-Rechnung nicht beglichen

Nach Erbringung seiner vertraglichen Leistungen legte das Unternehmen dem Verbraucher die entsprechende Rechnung vor. Dieser beglich die Rechnung nicht, sondern widerrief den Vertrag. Er machte geltend, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf Vergütung habe, da es versäumt habe, ihn über sein Widerrufsrecht zu unterrichten und da die Arbeiten vor Ablauf der Widerrufsfrist (die sich bei einem solchen Versäumnis um ein Jahr verlängere) ausgeführt worden seien.

Gericht: Verbraucher muss grundsätzlich nicht für Dienstleistung aufkommen

Das mit einem Rechtsstreit über diesen Anspruch befasste deutsche Gericht vertritt die Auffassung, dass ein Verbraucher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts, die zur Umsetzung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (RL 2011/83/EU) erlassen worden seien, nicht für die vor Ablauf der Widerrufsfrist erbrachte Dienstleistung aufzukommen brauche, wenn der Unternehmer es versäumt habe, ihn über sein Widerrufsrecht zu unterrichten.

Jeglicher Anspruch des Unternehmers auf „Wertersatz“ ausgeschlossen?

Das deutsche Gericht fragte sich jedoch, ob die Verbraucherrechte-Richtlinie jeglichen Anspruch des Unternehmers auf „Wertersatz“ auch dann ausschließt, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht erst nach Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags ausgeübt hat.

Auf diese Weise könnte der Verbraucher nämlich einen Vermögenszuwachs erlangen, was dem Grundsatz des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung, einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, zuwiderliefe. Das deutsche Gericht ersuchte daher den EuGH, die Richtlinie unter diesem Gesichtspunkt auszulegen.

EuGH entscheidet zugunsten des Verbrauchers

Nach dem Urteil des EuGH ist ein Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistungen befreit, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags erbracht wurden, wenn der betreffende Unternehmer ihn nicht über sein Widerrufsrecht informiert und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.

Information von grundlegender Bedeutung

Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher in dem besonderen Kontext des Abschlusses eines Vertrags außerhalb von Geschäftsräumen schützen. In diesem Kontext stehe der Verbraucher nämlich möglicherweise psychisch stärker unter Druck oder sei einem Überraschungsmoment ausgesetzt. Daher sei die Information über das Widerrufsrecht für ihn von grundlegender Bedeutung und erlaube es ihm, die Entscheidung, ob er den Vertrag abschließen soll oder nicht, in Kenntnis der Sachlage zu treffen.

Hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen

Hinsichtlich der Frage des vom Verbraucher auf diese Weise erzielten Vermögenszuwachses und des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung wies der EuGH darauf hin, dass die Richtlinie den Zweck verfolge, ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen. Dieses Ziel geriete in Gefahr, falls zugelassen würde, dass einem Verbraucher in der Folge seines Widerrufs eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags Kosten entstehen könnten, die in der Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehen sind.

Quelle: EuGH, Urteil vom 17.05.2023 – C-97/22
Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 17. Mai 2023

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