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Staat profitiert vom Wirtschaftswachstum

Das statistische Bundesamt verzeichnete für das Jahr 2018 einen neuen Steuer-Rekordüberschuss in Höhe von 58 Milliarden Euro. Der Bund nahm 18 Milliarden Euro mehr ein, als er ausgab. Die Länder könnten ein Plus in Höhe von elf Milliarden Euro verzeichnen, die Kommunen in Höhe von 14 Milliarden Euro. Bei den Sozialversicherungen waren die Einnahmen sogar 15 Milliarden Euro höher als die Ausgaben. Damit sind alle staatlichen Ebenen seit 2015 dauerhaft im Plus. Insgesamt stiegen die Einnahmen um 4,7 Prozent. Die Steuern erhöhten sich um 5,7 Prozent, die Sozialversicherungsbeiträge um 4,3 Prozent.

Steigende Steuer- und Beitragseinnahmen führten dazu, dass der Schuldenberg weiter abgetragen wurde. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung standen Ende Dezember 2018 mit 1.914,3 Milliarden Euro im Minus. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts 2,7 Prozent oder 53 Milliarden Euro weniger als im Jahr zuvor.

Der Staat profitiert demnach derzeit von starker Binnenkonjunktur, Rekordbeschäftigung und höheren Löhnen. Dadurch stiegen Steuer- und Beitragsaufkommen. Zugleich entlasten niedrige Zinsen auf der Kostenseite. Alle Ebenen des öffentlichen Gesamthaushalts konnten deshalb ihre Schulden abbauen. Der Bund senkte die Verschuldung um 2,3 Prozent auf 1.213 Milliarden Euro, die Länder um 2,7 Prozent auf 571 Milliarden Euro. Der Schuldenstand der Gemeinden sank um 5,6 Prozent auf 129,7 Milliarden Euro. Laut Statistischem Bundesamt gab es einen Rückgang der kommunalen Schulden in allen Ländern, außer in Baden-Württemberg und Niedersachsen. Besonders stark verringerten Gemeinden und Gemeindeverbände in Sachsen (-9,0 Prozent) und Thüringen (-7,5) ihre Verbindlichkeiten. In NRW bauten die Kommunen ihren Schuldenberg um 2,6 Prozent ab. Spitzenreiter war Hessen mit einem Schuldenabbau der Gemeinden um knapp 27 Prozent. Allerdings gab es dort einen Sondereffekt, weil die „Hessenkasse“ Kredite von Kommunen übernahm.

Diese guten Voraussetzungen hinderte die Kommunalpolitiker dennoch nicht daran, weiter kräftig an der Steuerschraube zu drehen. In NRW muss die Wirtschaft in 65 Kommunen im Jahr 2019 mit höheren Gewerbesteuersätzen leben. In 95 Kommunen wurden die Hebesätze der Grundsteuer B erhöht. Dem gegenüber stehen nur acht Senkungen bei der Gewerbesteuer und elf bei der Grundsteuer B.

In Ostwestfalen sind elf Erhöhungen bei der Gewerbesteuer und zwölf Erhöhungen bei der Grundsteuer B zu verzeichnen. Einmal wurde die Gewerbesteuer und viermal die Grundsteuer B gesenkt.

Den höchsten Gewerbesteuerhebesatz hat weiterhin die Stadt Bielefeld mit 480 Punkten. Die Stadt Enger erhöhte ihre Gewerbesteuer auf 465 und ist damit die kreisangehörige Kommune in Ostwestfalen mit der höchsten Gewerbesteuer. In Bad Lippspringe wurde die Gewerbesteuer auf 410 Punkte erhöht. In Borgholzhausen, Versmold, Brakel, Willebadessen, Pr. Oldendorf, Borchen, Büren, Paderborn und Salzkotten erhöhten die Kommunalpolitiker den Gewerbesteuer-Hebesatz auf 418. Dies entspricht dem fiktiven Hebesatz. In Rödinghausen wurde der Hebesatz auf 430 Punkte gesenkt.

Die fiktiven Hebesätze sind Rechengrößen im kommunalen Finanzausgleichssystem. Die Höhe der Zuwendungen, die eine Kommune aus dem Ausgleichssystem erhält, wird durch den Vergleich des Finanzbedarfs und der Finanzkraft ermittelt. Der Finanzbedarf wird dabei von Faktoren wie zum Beispiel Einwohnerzahl, Demografie, Schülerzahl, Soziallasten und Fläche beeinflusst. Bei der Finanzkraft einer Kommune werden allerdings nicht die tatsächlich vor Ort erreichten Steuereinnahmen zugrunde gelegt, sondern es wird anhand eine landesweit einheitlich festgelegten Wertes, dem „fiktiven Hebesatz“, die Steuerkraft ermittelt. Kommunen mit einem tatsächlichen Hebesatz unterhalb des fiktiven Hebesatzes werden hierbei künstlich reicher gerechnet, da sich ihre Finanzkraft – virtuell – rechnerisch erhöht.

Eine Erhöhung des fiktiven Hebesatzes führt in den Folgejahren fast immer zu reflexartigen Anpassungen seitens der Kommunen. Dies musste die IHK bei den letzten Erhöhungen seitens der Landesregierung immer wieder feststellen. Da der fiktive Hebesatz sich am Durchschnitt der Hebesätze von vor drei bis fünf Jahren orientiert, wird eine endlose Spirale in Gang gesetzt, denn die Landesregierung prüft regelmäßig, ob sich die Grundlage für die Berechnung der Finanzkraft im Gemeindefinanzierungsgesetz geändert hat.

Für das Jahr 2019 setzt das Land den fiktiven Hebesatz bei der Grundsteuer B auf 443 fest. Auf diesen Wert erhöhten Borgholzhausen, Versmold, Kirchlengern, Vlotho, Brakel, Willebadessen, Borchen, Paderborn und Salzkotten. Enger verlangt von seinen Bürgern zukünftig 525, Büren 460, also mehr als der Durchschnitt im Land. Bad Lippspringe bleibt mit einer Erhöhung auf 429 noch unter dem fiktiven Hebesatz. Spenge senkte auf 620, Nieheim auf 495 und Rödinghausen und Stemwede auf jeweils 443 Prozentpunkte.

 

Bernd Falge, IHK
Bildquelle: Smileus/ Adobe Stock

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