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Probefahrt: Trau, schau, wem!

Wird ein Fahrzeug einem Interessenten zur Probefahrt über- und danach nicht zurückgegeben, ist trotzdem ein gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten möglich. Denn der Wagen wird dem Interessenten bewusst übergeben und kommt somit nicht abhanden. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18. September 2020 entschieden.

Genepptes Autohaus

Aus seiner Sicht hatte ein Autohaus alle notwendigen Vorkehrungen für eine sichere Rückkehr seines Fahrzeugs getroffen: Vom vorgeblichen Käufer lagen ein italienischer Führerschein und Personalausweis sowie eine deutsche Meldebescheinigung bei den Akten. Dafür durfte er einen Mercedes der V-Klasse im Wert von über 50.000 Euro eine Stunde lang unbegleitet Probe fahren. Er brachte ihn aber nicht zurück. Die Spur des Wagens verlor sich zunächst – die Dokumente erwiesen sich als „hochprofessionelle“ Fälschungen. Eine Familie aus Hessen erwarb den Van dann im Internet für 46.500 Euro. Sie erhielt Zulassungspapiere und zwei Schlüssel, wovon einer tatsächlich zum Fahrzeug gehörte. Bei der Zulassungsstelle stellten die Käufer dann fest, dass ihre Neuerwerbung als gestohlen gemeldet worden war.

Abhandengekommen oder nicht?

Vom Landgericht Marburg über das OLG Frankfurt a. M. bis hin zum BGH war das Eigentum im Streit. Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Mercedes V-Klasse im guten Glauben erworben worden sei. Im Ansatz folgten die Frankfurter Richter dem: Das Landgericht habe sorgfältig begründet, warum die Mutter der Familie als Käuferin guten Glauben gehabt habe – „trotz einer nicht unerheblichen Anzahl von Auffälligkeiten“ bei dem an einem Bahnhof abgewickelten Kauf. So habe sich der Verkäufer lediglich mit einer „ausweisähnlichen Plastikkarte“ ausgewiesen. Allerdings sei der Wagen nach § 935 BGB abhandengekommen und ein gutgläubiger Erwerb unmöglich.

Besitzübergang bei der Probefahrt

Die hinter dieser Entscheidung stehende Annahme teilte der V. Zivilsenat nicht: Das OLG sei hier zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Interessent für die Dauer der Probefahrt lediglich nach § 855 BGB für das Autohaus Besitzer ist, so die Karlsruher Richter. Über die Vereinbarung hinaus, das Kraftfahrzeug nach einer bestimmten Zeit zum Hof zurückzubringen, bestehe kein Weisungsrecht, Auftrag oder Ähnliches gegenüber dem möglichen Käufer. Somit sei er nicht als Besitzdiener einzustufen. Aus Sicht der Bundesrichter wurde ihm das Fahrzeug vielmehr zur Vertragsanbahnung freiwillig übergeben – damit sind nach § 868 BGB beide Besitzer, und ein Abhandenkommen liegt nicht vor. Da schon die hessischen Gerichte festgestellt hätten, dass die Käuferin gutgläubig gewesen sei, habe sie Eigentum erworben. Folgerichtig wurde das Autohaus auf die Widerklage hin auch zur Übergabe des restlichen Schlüssels und der Originalunterlagen verurteilt.

Quelle: beck-online: Michael Dollmann, Mitglied der NJW- und beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H.BECK, 18. September 2020.

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