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Hilfen des Gesetzgebers für Betroffene der COVID-19-Pandemie

Durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafprozessrecht vom 27. März 2020 können betroffene Unternehmer sowie Verbraucher von verschiedenen Hilfestellungen profitieren.

Unternehmer sollten sich bewusst machen, auf welche Erleichterungen sie selber zurückgreifen können, sich zugleich aber auch auf die Inanspruchnahme von Hilfen durch Ihre Vertragspartner vorbereiten. Besonders wichtige Regelungen sind:

  1. Aussetzungen der Insolvenzantragspflicht

Nach § 15a Abs. 1 S. 1 Insolvenzordnung besteht bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer juristischen Person (das sind insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und die Aktiengesellschaft) die Pflicht, unverzüglich einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“, im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht sind das maximal drei Wochen.

Dasselbe gilt nach § 15a Abs. 1 S. 2 Insolvenzordnung bei einer Personengesellschaft, bei der kein persönlich haftendem Gesellschafter eine natürliche Person ist (Beispiel: GmbH & Co. KG).

Diese Pflicht sollte von den Betroffenen (insbesondere die Geschäftsführer der GmbH und UG (haftungsbeschränkt) und die Vorstandsmitglieder der AG) sehr ernst genommen werden, da die Nichtbefolgung eine Straftat darstellt.

Die beschriebene Verpflichtung wird nun bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, sofern

  1. a) die Insolvenzreife auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht und
  2. b) Aussicht darauf besteht, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Den betroffenen Unternehmen kommt dabei zugute, dass dies vermutet wird, sofern sie am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig waren.

Weitere Sonderregelungen im Insolvenzrecht flankieren diese Regelung. So setzt beispielsweise die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgrund eines zwischen dem 28.03.2020 und dem 28.06.2020 gestellten Gläubigerinsolvenzantrags voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 01.03.2020 vorlag.

  1. Erleichterung kontaktloser Beschlussfassungen im Gesellschaftsrecht

Im Gesellschaftsrecht ist oftmals vorgesehen, dass Beschlüsse in persönlicher Anwesenheit der Entscheidungsträger gefasst werden, alternative Verfahren erfordern meist eine gesonderte Legitimation, beispielsweise durch eine Regelung in der Satzung. Um trotz der Erschwernisse durch die COVID-19-Pandemie eine Handlungsfähigkeit von Unternehmen zu gewährleisten, gibt es für das Geschäftsjahr 2020 zahlreiche rechtsformspezifische Erleichterungen.

Dazu gehört, dass dem Vorstand einer Aktiengesellschaft abweichend von den Regelungen des § 118 Aktiengesetz die Entscheidung über die elektronische Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglicht wird, ohne dass es dafür einer Ermächtigung in der Satzung bedarf und dass der Verstand entscheiden kann, die Hauptversammlung auch gänzlich ohne physische Präsenz der Aktionäre durchzuführen.

Auch die Gesellschafterbeschlüsse der GmbH und UG (haftungsbeschränkt) können in Abweichung von § 48 Abs.  2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe erfolgen, ohne dass es des Einverständnisses sämtlicher Gesellschafter bedarf. 

  1. Leistungsverweigerungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen

Sowohl Verbrauchern als auch Kleinstunternehmen (maßgeblich sind die Kriterien der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 06. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.05.2003, S. 36), d.h. die Beschäftigung von weniger als 10 Personen und ein Jahresumsatz bzw. eine Jahresbilanz bis 2 Mio. EUR) wird für Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs aus einem Dauerschuldverhältnis bis zum 30.06.2020 ein Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sofern

  1. a) das Dauerschulverhältnis vor dem 08.03.2020 begründet worden ist und
  2. b) dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistungserbringung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen, nicht möglich wäre bzw.

der Unternehmer infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistung nicht erbringen kann oder ihm die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

Ein Dauerschulverhältnis zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht auf einen einmaligen Leistungsaustausch, sondern auf wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum wiederholende Leistungen und Gegenleistungen gerichtet ist.

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt dabei nur für wesentliche Dauerschuldverhältnisse, das sind für den Verbraucher solche, die zur Eindeckungen mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind und für den Unternehmer solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind. Zu denken ist hier insbesondere an Leistungen aus dem Bereich Strom oder Telekommunikation.  Nicht umfasst sind dagegen Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen und aus Mietverhältnissen. Für letztgenannte gibt es eine Sonderregelung (s.u.).

Eine Grenze erfährt das Leistungsverweigerungsrecht dann, wenn es wiederum zu einer Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des Vertragspartners (oder des seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen) bzw. einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs des Vertragspartners führen würde. In einem solchen Fall steht dem Schuldner aber ein Kündigungsrecht zu.

Wichtig ist zu wissen, dass dieses Leistungsverweigerungsrecht letztlich nur einen Zahlungsaufschub darstellt. Es beseitigt nicht die Verpflichtung zur Zahlung, sondern verschiebt die Fälligkeit auf einen späteren Zeitpunkt. 

  1. Kündigungsschutz im Miet- und Pachtverhältnis

Das bekannteste Dauerschuldverhältnis ist das Mietverhältnis. Gerade hier kann es in Krisenzeiten zu existenzgefährdenden Situationen kommen, daher  besteht ein besonderes Bedürfnis nach einer Hilfestellung.

Sowohl im Gewerbe- als auch im Wohnraummietrecht gilt, dass der Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein deshalb kündigen darf, weil der Mieter vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 die fälligen Mietzahlungen nicht erbringen konnte, sofern Grund dafür die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind. Diesen Zusammenhang muss der Mieter glaubhaft machen. Das kann beispielsweise durch eine eidesstattliche Versicherung, aber auch durch andere Nachweise erfolgen. Für Pachtverhältnisse gilt dasselbe.

Wichtig ist zu wissen, dass der hier beschriebene Mieterschutz weder die Verpflichtung zur Zahlung der Miete beseitigt noch die Fälligkeit der Zahlungen verschiebt. Der Vermieter ist lediglich an der Kündigung gehindert, der Mieter kommt aber weiterhin mit seiner Zahlung in Verzug und muss ggf. auch Verzugszinsen zahlen. Auch bleibt eine Kündigung aus einem anderen Grund weiterhin möglich.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafprozessrecht vom 27. März 2020 ist unter dem folgenden Link zu finden:

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Bgbl_Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

Bild: Ahmet Aglamaz/stock.adobe.com

 

 

 

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