Mehr als 53 Millionen Geimpfte in Deutschland konnten in diesem Jahr die Bedeutung von Forschung und Innovation am eigenen Leib erfahren. Ohne die rasante Entwicklung der Covid-Impfstoffe wäre vermutlich noch heute ein fast wieder normales Leben mit der Pandemie nicht in Sicht – und ein wirtschaftlicher Erholungsprozess kaum möglich.Bereits in den Wahlprogrammen der Parteien haben Forschung und Entwicklung eine wichtige Rolle gespielt – das dürfte auch im Koalitionsvertrag seinen Niederschlag finden.
Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben machen hierzulande zuletzt knapp 3,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus: Damit bewegt sich Deutschland international im oberen Drittel, jedoch hinter Ländern wie Israel und Südkorea. Im IHK-Unternehmensbarometer zur Bundestagswahl 2021 verschlechtert sich die Sicht der Unternehmen auf das Zukunftsfeld „Innovation und Forschung“ – zum dritten Mal in Folge. Mit einer Bewertung von 2,9 auf einer Skala von 1 bis 6 gibt es für den Standort Deutschland zwar eine befriedigende Einschätzung, aber seit einigen Jahren mit Tendenz nach unten.
Zu viel Bürokratie als Hemmschuh für Innovationen
Bürokratische Hürden rund um den Innovationsprozess sind ein zentrales Hemmnis für die Unternehmen – das zeigt der aktuelle DIHK-Innovationsreport 2020. Dazu zählt, neben komplexen Genehmigungsverfahren, kleinteiligen Produktvorschriften und zunehmenden regulatorischen Anforderungen, die Papierflut bei der Beantragung von Förderprogrammen.
In der Corona-Krise gab es zuletzt bei einigen Programmen Raum für schlankere Verfahren und mehr Flexibilität: Benötigte Dokumente konnten etwa in elektronischer Form statt in Papierform übermittelt werden. Unternehmen und Partner durften Projekte bereits auf eigenes Risiko nach der Eingangsbestätigung des Förderantrags starten, anstatt mehrere Monate lang auf den Förderbescheid warten zu müssen. Zudem wurden Fördermittel in kürzeren Zeitabständen ausgezahlt.
Diese Flexibilität sollte künftig Standard sein – und auf weitere Förderprogramme ausgeweitet werden. Insgesamt würde es der Wirtschaft helfen, wenn weitere Entschlackungen im Sinne eines „so viel wie nötig“ im Innovationsprozess ermöglicht würden. Das reicht von A wie Ausschreibungen bis Z wie Zulassungsverfahren.
Mehr Ideen in die Praxis umsetzen …
Kluge Köpfe sind das A und O, um Innovationen zu entwickeln – und Vorreiter bei Spitzentechnologien „made in Germany“ zu werden. Dafür ist die stärkere Vernetzung von Fachkräften aus der Wirtschaft untereinander und mit der Wissenschaft unumgänglich. Mehr Transfer aus der Forschung in die unternehmerische Praxis sollte auch in der neuen Legislaturperiode ein prioritäres Ziel sein – und zwar mit ausreichender finanzieller Unterstützung. Bewährte Förderinstrumente wie zum Beispiel das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM), „INNO-KOM“ oder „KMU-innovativ“, aber auch die steuerliche Forschungsförderung sollte die Politik verstetigen.
… auch mit Hilfe von Reallaboren
Reallabore oder Experimentierräume sind eine niederschwellige Möglichkeit für Unternehmen, Forschungsinstitute, Kommunen oder Verbände, neue Technologien oder Produkte innerhalb eines einfacheren Regulierungsrahmens voranzutreiben und in einer realen Umgebung zu erproben. Dazu zählen zum Beispiel realitätsnahe Tests bei autonomen Fahrzeugen, Drohnen oder auch telemedizinischen Anwendungen. Unter dem Strich entstehen neue, womöglich sogar disruptive Innovationen und innovationsfreundlichere Gesetze.
Damit solche Testräume für Innovation und Regulierung flächendeckend und technologieoffen zum Einsatz kommen können, sollten ihnen auch künftig besonderes Augenmerk geschenkt werden. Ideen wie die Einrichtung eines One-Stop-Shops für Reallabore als zentraler Ansprechpartner oder ein verbindlicher Experimentierklausel-Check in der Gesetzgebung weisen in die richtige Richtung.
Quelle: DIHK