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BDI-Präsident Russwurm zu Gast beim Unternehmertag OWL

Prof. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, zeichnete Mitte Oktober beim Unternehmertag OWL in Bielefeld vor 700 Gästen ein düsteres Bild der aktuellen Wirtschaftslage – ließ aber auch Zuversicht durchblicken.

Wir befinden uns in der schwersten Wirtschaftskrise seit der Gründung der Bundesrepublik“, ließ der Präsident des Bundesverbands der Deutschen
Industrie (BDI) gleich zu Beginn seiner Ansprache die Alarmglocken klingeln. Deutschland befinde sich „in einem „Abwärtsstrudel“ und einem „perfekten Sturm“ angesichts der aktuellen schweren Krisen, wie die noch nicht überwundene Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und der Zunahme der Autokratien in Ländern, die sich dann von der freien Wirtschaftswelt abschotten. Diese Krisen würden sich zudem noch überlappen und dadurch verstärken. „Das deutsche Geschäftsmodell, das auf preiswerter Energie und einer friedlichen Welt beruhte, ist erschüttert“, bilanzierte
der 59-jährige emotional. Es sei nicht richtig gewesen, einseitige Abhängigkeiten als
Preis für Kostenvorteile zu akzeptieren. Dabei bekannte sich der promovierte Diplom-Ingenieur und frühere Siemens-Vorstand uneingeschränkt zur Solidarität und Unterstützung der Ukraine: „Freiheit und Sicherheit haben einen Preis. Der Preis, diese Freiheit aufzugeben, wäre es, das Recht des Stärkeren zu akzeptieren – und damit unbezahlbar.“

„Deindustrialisierung muss verhindert werden“

Die Bundesrepublik müsse allerdings ihre Wettbewerbsfähigkeit in den Fokus rücken, um ihre Gestaltungskraft zu bewahren, betonte Russwurm in seinem Vortrag, dessen Titel „Wettbewerbsfähigkeit zwischen Transformation und Versorgungssicherheit“ hieß. Im Mittelpunkt stand deshalb auch das Thema Energie. Der Honorarprofessor unterstrich, dass eine Deindustrialisierung Deutschlands unbedingt vermieden werden müsse. Andererseits sei die Abkehr von den fossilen Energieträgern Gas, Öl und Kohle die einzige Chance, wie die Bundesrepublik weltweit ein Beispiel geben könne, etwa beim Ausbau der Wasserstoff-Technologie. Hierbei sei Deutschland aktuell weltweit führend, durch Innovationen habe das Land im globalen Wettbewerb auch weiterhin eine Chance seine wirtschaftliche Stellung zu behaupten, ließ er zumindest etwas Zuversicht für den weltweit anerkannten Industriestandort Deutschland durchblicken.

Beim Thema Energie hatte der BDI-Chef eine ganze Reihe konkreter Forderungen an die
Bundesregierung: So müsse der Strompreis gesenkt werden, damit Unternehmen entlastet
würden und überlebensfähig blieben. Konkret nannte er den Wegfall von Aufschlägen wie der Netzentgelte mindestens über einen Zeitraum von zwei Jahren. Um das Stromangebot
zu vergrößern, verlangte der gebürtige Franke den zeitweisen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken (für 3 Jahre) – und den raschen Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken.
„Alles muss ans Netz, es kommt auf jeden Tag an“, mahnte Russwurm. Dabei sei Parteiideologie fehl am Platz.

Wasserstoff als Hoffnungsträger

Mit Erneuerbaren Energien allein könne Deutschland nicht autark werden, fürchtete Russwurm. Das Land brauche dazu verlässliche Partner. Trotzdem bekenne sich die Industrie eindeutig zu den Klimazielen. Im „Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft“ im marktwirtschaftlichen Rahmen liege insbesondere eine große Chance dafür.

Außerdem mahnte der BDI-Präsident mehr Tempo für den weiterhin dringend benötigten Bürokratieabbau an. Und aufgrund der drohenden Blockbildung mit China und Russland auf der einen und den USA mit seinen Verbündeten auf der anderen Seite schlägt er engere Partnerschaften mit bewährten Partnern wie Kanada und Mexiko vor. Aber auch mit China müsse aus einer Position der industriellen Stärke heraus weiter ver- und gehandelt werden, meinte der zweifache Familienvater, der in der erstmals beim Unternehmertag im Anschluß an vorgenommen Diskussionsrunde mit der TV-Moderatorin Kerstin von der Linden im launigen Gespräch so manches privates Detail von sich Preis gab.

IHK-Präsident lobt Gaspreisbremse

Der seit einem Monat im Amt befindliche Präsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen, Jörn Wahl-Schwentker, skizzierte den Ernst der Lage schon zum Auftakt der größten wirtschaftspolitischen Veranstaltung in Ostwestfalen-Lippe. Er warnte in seinem ersten großen öffentlichen Auftritt, dass die schlimmste Energiepreiskrise seit Jahrzehnten die Existenz von immer mehr Firmen und eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bedrohe. „Jeden Tag, an dem die Energiepreise so hoch bleiben, müssen mehr Betriebe ihre Tätigkeit zurückfahren oder ganz einstellen“, malte der IHK-Präsident ein düsteres Bild. Wohlstandsverluste in bislang nie da gewesenem Ausmaß in Deutschland seien mögliche Folgen. Wahl-Schwentker forderte, dass die Politik dafür die richtigen Rahmenbedingungen für den Weg durch die Krise schaffen müsse. Die vorgegebene Gaspreisbremse sei dabei ein Weg in die richtige Richtung.

Die Akteure des Unternehmertages Petra Pigerl-Radtke, IHK-Hauptgeschäftsführerin, Prof. Dr. Ing. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, und Jörn Wahl-Schwentker, neuer Präsident der IHK Ostwestfalen. Die Journalistin Kerstin von der Linden führte als Moderatorin durch die Diskussionsrunde (von links).

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