KI (Künstliche Intelligenz) wird zukünftig breite Anwendung in der industriellen Produktion finden. Wie genau sich die Arbeit verändert, ist derzeit noch weitestgehend unklar. Die Expertise befasst sich mit den Auswirkungen auf verschiedene Jobprofile und zeigt, wie Wirtschaft, Politik und Wissenschaft den technologischen Wandel aktiv gestalten können. Im Rahmen der Expertise wurden mit 35 Fachleuten aus der Industrie Interviews und Workshops durchgeführt.
„KI ist weit mehr als die großen Sprachmodelle, von denen seit ChatGPT so viel die Rede ist“, erklärt Angelika Bullinger-Hoffmann (Technische Universität Chemnitz), Mitglied im Forschungsbeirat Industrie 4.0. „Gerade in der Produktion liegt das Potential darin, wenn Mensch und KI in der Maschine zusammenkommen. Diese hybriden Teams sind die Zukunft der Produktionsarbeit. Die Expertise zeigt, dass es auf die menschzentrierte Gestaltung hybrider Teams ankommt.“
Zögerliche Umsetzung von KI
Der Hype um ChatGPT tritt aktuell zwar eine breite gesellschaftliche Debatte los – in der Industrie erfolgt der Einsatz von KI allerdings zögerlich. Die meisten Unternehmen befinden sich noch in der Planung und Einführung. Erst wenige Anwendungen, insbesondere etwa zur KI-unterstützten Qualitätskontrolle, sind bereits im produktiven Einsatz. Sowohl körperliche als auch kognitive Tätigkeiten werden unterstützt. Die generative KI macht Anwendungen künftig viel leichter zugänglich. Jobprofile werden sich wandeln, aber nicht ganz wegfallen. Die KI entfaltet in der industriellen Arbeit ihr größtes Potenzial, wenn Unternehmen die Stärken von Mensch und KI kombinieren und damit auf die hybride Intelligenz setzen.
Jobprofile im Wandel
Vier Jobprofile (Fachkraft für Lagerlogistik, SPS-Programmiererin, Produktionsplanerin, Hilfskraft in der Montage) zeigen die Veränderungen sowohl körperlicher als auch kognitiver Arbeiten im industriellen Umfeld auf. Die Expertise gibt Impulse, wie Unternehmen diesen Wandel aktiv und positiv gestalten können. Eine Hilfskraft in der Montage profitiert beispielsweise von physischer Entlastung und Unterstützung bei der Einarbeitung in neue Aufgaben, könnte sich durch KI aber auch bevormundet fühlen und persönlichen Austausch vermissen. Durch eine aktive Mitgestaltung und adaptive Nutzungsmöglichkeiten von KI-Systemen könnten Unternehmen dem entgegenwirken. Mitarbeitende in der Produktionsplanung werden durch den Einsatz von KI beispielsweise von repetitiven Arbeiten entlastet und haben einen enormen Wissenszuwachs. Dieser wirkt sich zwar positiv auf ihre Handlungsspielräume aus, birgt aber die Gefahr, dass Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Eine gesunde Arbeitskultur und Maßnahmen wie Gesundheitsprävention können hier sinnvoll sein.
Gute Arbeit mit KI gestalten
Im Zuge der KI-Einführung bestehe das Risiko einer Polarisierung von Tätigkeit, bei der die mittleren Qualifikationsniveaus wegfallen. Deswegen sollten Jobprofile durch gezielte Maßnahmen positiv weiterentwickelt werden. „KI allein macht unsere Arbeitsbedingungen nicht besser oder schlechter. Entscheidend ist, wie wir den Einsatz der KI gestalten und Tätigkeiten in Organisationen strukturieren. Hier sollten wir Prinzipien wie Mitgestaltung und Persönlichkeitsförderung nach vorne stellen sowie Mensch und KI als Team sehen – um gemeinsam immer besser zu werden“, betont Prof. Roman Dumitrescu, Direktor am Fraunhofer IEM und Leiter der Expertise.
Die Expertise zeigt konkrete Ansätze auf, wie Unternehmen, aber auch Politik und Wissenschaft den Einsatz von KI in der industriellen Arbeit aktiv gestalten können. Hervorzuheben sei die soziotechnische Perspektive, die Mensch, Organisation und Technik gleichermaßen im Blick hat. Beispielsweise gilt es, Akzeptanz zu schaffen, Kompetenzen aufzubauen, Daten in geeigneter Qualität bereitzustellen und zunehmend interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Vorrausetzung dafür sei ein strategischer Umgang mit KI-Technologien: Um KI effektiv zu nutzen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, sollte KI integraler Bestandteil der Unternehmens- und Digitalisierungsstrategie sein.
Quelle: Pressartikel Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM