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Von Fahrverboten keine wesentliche Entlastung zu erwarten

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert in ihrer Stellungnahme zu den Stickstoffdioxidgrenzwerten zusätzliche Anstrengungen, um die Konzentration von Schadstoffen in der Luft weiter zu reduzieren. Dazu empfiehlt sie allerdings ein bundesweites Konzept zur Luftreinhaltung und Verkehrswende. Kurzfristige und punktuelle Maßnahmen wie Fahrverbote bewerten die Autoren als wenig sinnvoll.

Die Autoren betonen, dass die Schadstoffbelastung der Luft deutlich zurückgegangen ist. Trotz der in Deutschland flächendeckend eingehaltenen Grenzwerte für Feinstaub bewerten die Autoren die vorherrschende Belastung durch diesen Luftschadstoff als deutlich gesundheitsschädlicher als durch die derzeitige Konzentration von Stickstoffdioxid (NO2). Die Jahresmittelwerte für NO2 werden an zahlreichen Messstationen in Deutschland überschritten, weshalb in vielen Städten Fahrverbote für bestimmte Diesel-Pkw drohen. Hier sprechen die Autoren von einer „juristischen Verpflichtung“, wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Durch die Flottenmodernisierung werde die NO2-Belastung so weit zurückgehen, dass die NO2Grenzwerte binnen fünf Jahren bundesweit eingehalten werden.

Zum Thema der wissenschaftlich begründeten Grenzwerte stellen die Autoren fest: „Weder für Stickstoffdioxid noch für Feinstaub ist eine exakte Grenzziehung zwischen gefährlich und ungefährlich im Sinne eines Schwellenwerts möglich.“ Die deutschlandweit 650 Messstationen seien genormt und ihr Aufstellungsort gesetzlich geregelt. Innerhalb des gesetzlichen Spielraums können sich jedoch „die Messergebnisse je nach Ort der Probenahme deutlich unterscheiden“. Eine Harmonisierung der Messtechniken und Aufstellungsbedingungen sei deshalb wünschenswert.

Die derzeit vor Gericht eingeklagten Fahrverbote halten die Wissenschaftler für wenig sinnvoll: „Zu den gesundheitlich wenig sinnvollen Maßnahmen zählen kleinräumige und kurzfristige Beschränkungen, die sich gegen einzelne Verursacher von Stickstoffdioxid-Belastungen richten. Dies gilt unter anderem für Straßensperrungen und isolierte Fahrverbote, die zu einer Verkehrsverlagerung in andere Stadtgebiete führen.“ Stattdessen fordern sie „eine bundesweite, ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung, die neben Stickstoffoxiden und Feinstaub weitere Schadstoffe und Treibhausgase aus allen Quellen berücksichtigt.“ Aufgrund der Gesundheitsgefahren von Feinstaub und den Zielen des Klimaschutzes setzen sich die Autoren hier für weitergehende Anstrengungen ein.

Die Autoren empfehlen einen Mix aus kurz- bis mittelfristigen Maßnahmen: Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehörten die Software-Updates, Hardware-Nachrüstungen von Bussen und Kommunalfahrzeugen sowie eine beschleunigte Reduktion der Gesamtfahrleistung im Verkehr. Hierzu setzen sich die Autoren für eine ausgewogene Änderungen des Steuer- und Abgabensystems sowie höhere Treibstoffpreise ein. Mittelfristig raten sie zu mehr emissionsarmen öffentlichen Verkehr, einer besseren Verkehrslenkung zur Senkung des Treibstoffverbrauchs und dem konsequenten Austausch älterer Fahrzeuge durch emissionsarme Modelle.

Die Stellungnahme wurde auf Bitten von Bundeskanzlerin Angela Merkel erstellt. Hintergrund ist die breite Diskussion in der Öffentlichkeit darüber, wie diese Grenzwerte ermittelt und festgelegt werden und wie angemessen das Verhältnis von Aufwand und Nutzen für den Gesundheitsschutz ist. Der interdisziplinären Arbeitsgruppe gehören 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete an.

Alle Unterlagen der Leopoldina finden Sie hier.

Quelle: DIHK

Rubriklistenbild: Riko Best/stock.adobe.com

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