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Koalitionsvertrag: Beschleunigung von Planung und Genehmigung

Die Ampelkoalition hat in ihrem Vertrag für die Legislatur 2021-2025 der Planungsbeschleunigung einen Schwerpunkt eingeräumt. Auf drei Seiten präsentieren die Parteien eine Reihe bekannter, aber auch ein paar neuer Vorhaben. Interessant ist zudem, was nicht angesprochen wird.

Im Vergleich zu 2018 wird dem Thema sehr viel mehr Platz eingeräumt: Die GroKo einigte sich noch auf eine halbe Seite. Darin lag der Schwerpunkt auf Verfahren für Verkehrswege. Bereits das Sondierungspapier überraschte im Oktober nun mit dem Ziel, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu halbieren. Zudem soll es schnell gehen: Im ersten Jahr der Regierung sollen alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden. Dafür soll eine ressortübergreifende Steuerungsgruppe unter Einbeziehung der Länder eingerichtet werden. Im Vergleich zu anderen Kapiteln ist der Vertrag verbindlich: Er enthält wenige Prüfaufträge oder Einschränkungen.

Zu hören war im Vorfeld, dass darüber gestritten wurde, ob die Beschleunigung auf bestimmte Vorhaben (wie den Ausbau von Übertragungsnetzen oder Erneuerbarer Energien) eingeschränkt werden soll. Davon ist – mit Ausnahme einiger zusätzlicher Maßnahmen für Erneuerbare Energien – kaum etwas zu finden. Infrastruktur- oder Industrieprojekte sollen also auch von kürzeren Verfahren profitieren.

Zur Beschleunigung plant die Ampel eine Reihe bekannter Maßnahmen. Zu den Wichtigsten gehören:

  • Personelle und technische Kapazitäten bei Behörden: Dafür soll ein Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung mit den Ländern geschmiedet werden. Beschleunigungsagenturen sollen Länder und Kommunen beraten. Einsatzmöglichkeiten für private Projektmanagerinnen und Projektmanager – unter der GroKo für Bundesfernstraßen, Bundesschienenwege und Bundeswasserstraßen eingeführt – sollen ausgeweitet werden.
  • Digitalisierung: Das bisher befristete Planungssicherstellungsgesetz, das während der Pandemie digitale Unterlagenauslegung, Antragskonferenzen oder Erörterungstermine ermöglichte – soll fortgesetzt werden. In weiteren Punkten bleibt der Vertrag vage: Behörden sollen technisch ausgestattet und IT-Schnittstellen eingerichtet werden. Planungsprozesse sollen nach dem Building Information Modeling (bereits in der GroKo Thema) laufen. Das digitale Portal für Umweltdaten soll zu einem öffentlich nutzbaren zentralen Archiv für Kartierungs- und Artendaten (inklusive Bestandsdaten) ausgebaut werden.
  • Präklusion, Planerhalt und Stichtagsregelung: Die Ampel will eine wirksame und „unionsrechtlich zulässige Form“ der materiellen Präklusion. Bei Planänderungen nach Bürgerbeteiligung sollen nur noch neu Betroffene beteiligt werden und Einwendungen nur gegen Planänderungen zulässig sein. Zudem planen die Parteien eine möglichst frühe Stichtagsregelung zur Sach- und Rechtslage. Der Planerhalt (§§ 214,215 BauGB), wonach bestehende Pläne trotz Form- oder Verfahrensfehler Bestandkraft haben, soll durch Planerhaltungsnormen und Zielabweichungsverfahren gestärkt werden.
  • Öffentlichkeitsbeteiligung: Die Öffentlichkeits- oder Bürgerbeteiligung soll an vielen Stellen erweitert werden. Da will die Ampel zum Beispiel die Bundeskompetenzen zur Unterstützung dialogischer Bürgerbeteiligungsverfahren verstärken. Die Koalition will eine frühestmögliche und intensive Öffentlichkeitsbeteiligung mit einer Mitwirkungspflicht für anerkannte Naturschutzverbände und die betroffene Öffentlichkeit einführen. Durch die Reduzierung von Planungsstufen und Einschränkungen bei Planänderungen würde die Zahl der Beteiligungen allerdings verringert.
  • Planverfahren: Zum Erlass von Planfeststellungsbeschlüssen sollen nach dem Vorbild des Bundesimmissionsschutzgesetzes Fristen (nach § 10 BImSchG bspw. 7 Monate im förmlichen Verfahren) vorgesehen werden. Raumordnungs- und Planverfahren sollen verzahnt werden, in geeigneten Fällen soll der Bund die Raumordnung übernehmen. Mit der Einschränkung „innerhalb des europäischen Rechtsrahmens“ soll die Plangenehmigung (in der GroKo bereits für Ersatzneubauten von Brücken eingeführt) auf weitere Unterhaltungs-, Sanierungs-, Erneuerungs-, Ersatz- und Ergänzungsmaßnahmen ausgeweitet werden. Gleiches gilt für das Instrument der Legalplanung (unter der GroKo als Maßnahmengesetze eingeführt), das auf wichtige Schienenbauvorhaben, Übertragungsnetze und ggf. systemrelevante Ingenieursbauwerke (kritische Brücken) angewandt werden soll.
  • Genehmigungsverfahren: Ähnliche Prüfungen sollen in einem Verfahren zusammengeführt werden. Ein konkretes Gesetzgebungsvorhaben oder Fristen oder Verfahrensvorgaben werden jedoch nicht genannt. Viele Maßnahmen zur Beschleunigung von Planverfahren will die Ampel zudem in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht überführen: So könnten auch Genehmigungsverfahren oder die Bauplanung von Präklusions-, Stichtags- oder Fristenregelungen profitieren.
  • Gerichtsverfahren: Die Dauer soll durch einen „frühen ersten Termin“ reduziert werden. Dazu soll ein effizienteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren unter Berücksichtigung von Fehlerheilungsmöglichkeiten und Reversibilität eingeführt werden. Der Anreiz für Kläger zur Einigung soll durch einen Rechtsbehelf zur Fehlerbehebung erhöht werden. Das Bundesverwaltungsgericht soll für Planungsangelegenheiten zusätzliche Senate bekommen.
  • Artenschutz: Die Ampel hat den Artenschutz als wichtigstes Problem für die Verfahrensdauer erkannt: Dazu soll eine bundeseinheitliche gesetzliche Standardisierung (insb. Signifikanzschwellen) geschaffen werden. Dazu wird seit längerem eine TA Artenschutz diskutiert. Elektrifizierte Bahntrassen und Erneuerbarer Energien sollen im öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen: Mit dieser Einordung im EEG war die scheidende Regierung zuletzt im Bundestag gescheitert. Sie soll Behörden Ausnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz erleichtern. Gegenüber der Kommission will sich die Koalition für eine Ausrichtung auf den Populationsschutz einsetzen: Dies hatte der EuGH jüngst erheblich eingeschränkt und damit die Genehmigung von Windenergieanlagen erschwert.

Auch in anderen Fachthemen wird das Thema verankert: Zum Ausbau der Digitalen Infrastruktur soll etwa ein schlankes digitales Antrags- und Genehmigungsverfahren eingeführt werden, alternative Verlegetechniken normiert und ein bundesweites Gigabit-Grundbuch aufgebaut werden. Für schnelleren Wohnungsbau will man Typengenehmigungen für modulares und serielles Bauen sowie weitere Normungen und Standardisierung beschleunigen. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung soll durch Open-BIM und einheitliche Schnittstellen/Standards unterstützt werden. Für die Bauleitplanung sollen die rechtlichen Grundlagen für ein vollständig digitales Verfahren geschaffen werden. Die befristeten Regelungen der Baulandmodernisierung (darunter bspw. Erleichterungen für Wohnbauvorhaben im unbeplanten Innenbereich oder beschleunigte Verfahren nach § 13b BauGB) sollen dauerhaft fortgeführt werden. Für die Verkehrsinfrastruktur soll eine Beschleunigungskommission Schiene eingesetzt werden. Für den schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien soll ihr befristeter Vorrang bei der Schutzgüterabwägung eingeführt werden. Behörden sollen bei der Genehmigung durch externer Projektteams unterstützt werden und Klarstellungen zu Antragsunterlagen und Umsetzungsfristen vorgenommen werden.

Quelle: DIHK

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