Neun von zehn Unternehmen unterstützen grundsätzlich zusätzliche Maßnahmen beim Klimaschutz. Gleichzeitig bewerten die Betriebe den Stand der Energiewende deutlich skeptischer als noch im Vorjahr – hohe Strompreise, stockender Netzausbau und Kohleausstieg stehen dafür exemplarisch. Mit der Entscheidung des Klimakabinetts am 20. September zur Einführung einer CO2-Bepreisung in den Bereichen, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen, wird der ohnehin schon sehr vielfältige Instrumentenkasten noch unübersichtlicher. Das 8. IHK-Energiewende-Barometer zeigt die Unzufriedenheit, die in der Wirtschaft mit der Umsetzung der Energiewende herrscht.
Barometerwert fällt auf den tiefsten Stand seit 2015
Gegenüber dem vergangenen Jahr ist der Barometerwert um einen Punkt auf -3,1 gefallen – der tiefste Stand seit 2015. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren wurde sogar ein positiver Wert erreicht. In der Industrie ist der Barometerwert sogar deutlich um über 5 Punkte auf -19 gefallen. Lediglich 15 Prozent der Industriebetriebe sehen die Energiewende derzeit als positiv für ihr Geschäft. Dreimal so viele bewerten sie in dieser Branche hingegen als abträglich für den unternehmerischen Erfolg. Als internationales Vorbild taugt die Energiewende daher aus Sicht der Betriebe nicht.
Unternehmen müssen für Strom immer tiefer in die Tasche greifen
Besonders negativ ausgewirkt auf den Barometerwert haben sich die zum Jahreswechsel erneut auf breiter Front gestiegenen Strompreise. Mehr als die Hälfte der Betriebe bezahlen mehr für den Strom als 2018. Der Saldo zwischen Betrieben mit höheren bzw. niedrigeren Kosten beträgt +51. Vor zwei Jahren lag er noch bei null. Auch die Energiepreise sind gestiegen. Hier lag der Saldo sogar bei +59. Aufgrund dieser Entwicklung stellt die Senkung der Strompreise für 57 Prozent der Unternehmen eine zentrale Forderung an die Politik dar. Im Zuge der Einführung einer CO2-Bepreisung für die Unternehmen, die nicht am europäischen Emissionshandel teilnehmen, sollte nach Ansicht des DIHK daher die EEG-Umlage zur Kompensation deutlich gesenkt werden. Ein überfälliger Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Betriebe. Schließlich ist Deutschland beim Strom gerade für den Mittelstand in Europa am teuersten.
Wirtschaft bereitet Stabilität der Stromversorgung Kopfschmerzen
Mit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke entfällt bis 2022 gesicherte Leistung in erheblichem Umfang. Dazu kommt der Ausstieg aus der Kohleverstromung: Die Leistung aller Kohlekraftwerke soll bis 2030 mehr als halbiert werden. Gleichzeitig kommt der Netzausbau seit Jahren nur im Schneckentempo voran. Daher sehen die Unternehmen dringenden Handlungsbedarf auf Seiten der Politik. Mit 79 Prozent Zustimmung steht diese Empfehlung an erster Stelle, gefolgt von der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren mit 70 Prozent. Ohne neue Netze kann die Energiewende kein Erfolg werden.
Mehr Klimaschutz bitte – aber effizient
Klimaschutz ist ein wichtiges Thema für die Unternehmen. Sie investieren nicht nur in Energieeffizienz, alternative Antriebe und eigene erneuerbare Stromerzeugungsanlagen, sondern befürworten auch zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen (92 Prozent). Das Bundeskabinett hat inzwischen Weichen für die Einführung eines nationalen CO2-Zertifikatehandels in den Bereichen gestellt, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen.
Für viele Unternehmen ist die geplante Kompensation über eine minimale Senkung der EEG-Umlage nicht ausreichend, um die zusätzliche Belastung auszugleichen. Mutigere Schritte sollten folgen.
Gerade für Betriebe mit einem hohen Einsatz von Gas oder Treibstoffen ist die Senkung der Umlage aber generell nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein weiteres Problem: In vielen Bereichen fehlen schlicht die Alternativen, sodass ein Umstieg nicht möglich ist. Verbote, wie sie die Beschlüsse des Klimakabinetts enthalten, sollten aus Sicht der überwiegenden Mehrzahl der Unternehmen (87 Prozent) jedenfalls keinen Platz im politischen Instrumentenkasten finden. Vielmehr steht vor allem die Förderung von Maßnahmen der Forschung und Entwicklung hoch im Kurs. Hier und bei der Kompensation sollte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren noch nachsteuern.
Quelle: DIHT, Berlin