Aufgrund steigender Produktion und hoher Kapazitätsauslastung erweitern aktuell die Chemieproduzenten in Italien ihre Anlagen.

Chemieomnibus soll Vereinfachungen für Unternehmen bringen

Am 8. Juli stellte die EU-Kommission ein Chemikalienpaket, basierend aus einem Aktionsplan für die chemische Industrie und einem Chemieomnibus, vor. Ziel des Maßnahmenpakets für den Chemiesektor ist es, zentrale Herausforderungen wie hohe bürokratische Kosten, unfaire globale Wettbewerbsbedingungen und eine schwache Nachfrage zu bewältigen – und gleichzeitig Investitionen in Innovation und Nachhaltigkeit zu fördern. 

Aktionsplan für die chemische Industrie

Der Aktionsplan legt konkrete Maßnahmen dar, welche dazu beitragen sollen, die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieindustrie zu sichern und eine starke europäische Produktionsbasis zu erhalten.

  1. Stärkung der Widerstandsfähigkeit: Aufrechterhaltung der kritischen Produktion in der EU, Erschließung neuer Märkte und Schutz der EU-Industrie
  • Einrichtung einer Allianz für kritische Chemikalien auf EU-Ebene für die Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten und Interessenträgern, um die Risiken der Schließung von Produktionskapazitäten in diesem Sektor anzugehen und wichtige Handelsherausforderungen zu erörtern
  • Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Partnern, um den Zugang zu globalen Märkten zu sichern
  • Stärkung des Vollzugs durch bessere Überwachung und Kontrolle von Chemikalienimporten, unter anderem im Rahmen der Task Force für Einfuhrüberwachung und der Integration von REACH in die EU-Single-Window-Umgebung für den Zoll
  1. Sicherung der Energieversorgung und Unterstützung der Dekarbonisierung 
  • Rasche Umsetzung des „Affordable Energy Action Plan“
  • Aktualisierung der Leitlinien für staatliche Beihilfen zum Ausgleich indirekter Kosten des Emissionshandelssystems mit dem Ziel, zusätzliche Chemikalien einzubeziehen
  • Vorschläge zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren, unter andrem im Umwelt-Omnibus und Industry Decarbonisation Accelerator Act
  • Umstellung auf eine saubere Kreislaufwirtschaft, unter anderem gibt es eine öffentliche Konsultation bis 19. August zu neuen Regeln für chemisch recycelte Inhalte in Plastikflaschen
  1. Schaffung von Leitmärkten und Förderung von Innovationen
  • Einführung von EU-Inhaltsanforderungen sowie Resilienz- und Nachhaltigkeitskriterien zur Förderung von Leitmärkten für bestimmte Sektoren im Rahmen des Industrial Decarbonisation Accelerator Act
  • Einrichtung von EU-Innovations- und Substitutionszentren und Mobilisierung von Mitteln aus Horizon Europe, um die Entwicklung sichererer und nachhaltigerer chemischer Ersatzstoffe zu beschleunigen
  1. Maßnahmen zu per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS)
  • Vorschlag einer PFAS-Beschränkung im Rahmen von REACH auf Grundlage der Stellungnahme der ECHA zum universellen PFAS-Beschränkungsdossier: Die Kommission bekräftigt ihr Ziel, PFAS-Emissionen durch wissenschaftlich fundierte Beschränkungen insbesondere in Verbraucherprodukten zu minimieren. Gleichzeitig soll deren Einsatz in kritischen Anwendungen unter strengen Bedingungen weiterhin möglich bleiben, sofern keine Alternativen existieren.
  • Entwicklung eines EU-weiten PFAS-Überwachungsrahmens zur Zentralisierung von Daten
  • Start eines Dialogs mit Interessengruppen, um eine ganzheitliche Betrachtung der Herausforderungen im Zusammenhang mit PFAS-Verschmutzungen zu unterstützen

Der Aktionsplan weist zudem noch einmal auf die anstehende Überarbeitung der REACH-Regulierung Ende des Jahres hin. Ein gleichzeitig publizierter Vorschlag für die ECHA-Grundverordnung stattet die Europäische Chemikalienagentur ECHA mit den Ressourcen, der Flexibilität und den strukturellen Anpassungen aus, die sie laut EU-Kommission braucht, um die Aufgaben im Rahmen ihres wachsenden Mandats zu erfüllen.

Chemieomnibus

Der Aktionsplan wurde von einem Omnibus in der Chemikalienregulierung begleitet, um die Kosten der Einhaltung von Vorschriften und den Verwaltungsaufwand für die chemische Industrie zu senken und gleichzeitig einen starken Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu gewährleisten. Der Chemieomnibus setzt sich aus Änderungen in folgenden Verordnung zusammen:

1. CLP-Verordnung
  • Vereinfachung der Formatierungsregelungen: Die in der CLP-Überarbeitung angenommen starren Formatierungsregeln für Etiketten (Mindestschriftgröße, etc.) wurden wieder zurückgenommen. Stattdessen soll wieder der Grundsatz gelten, dass Beschriftungen klar und lesbar sein müssen.
  • Ausnahmen für kleine Verpackungen: Vereinfachung und Klarstellung der Bestimmungen für Ausnahmen von den Kennzeichnungsanforderungen für Kleinverpackungen, insbesondere für Behälter unter 10 ml
  • Fristen für Aktualisierung von Etiketten: Die feste Frist für die Aktualisierungspflicht des Etiketts nach spätestens 6 Monaten soll aufgehoben werden. Stattdessen gilt wie in der ursprünglichen CLP-Verordnung, dass Etiketten „unverzüglich“ angepasst werden müssen, nachdem es neue Daten gibt.
  • Werbung und Fernabsatz: Regelungen zu Werbung und Online-Verkäufe werden geändert, um ihren Anwendungsbereich auf Chemikalien zu beschränken, die an die breite Öffentlichkeit verkauft werden. B2B Absatz von gefährlichen Stoffen und Gemischen soll vom Anwendungsbereich ausgenommen werden, da sie durch die Sicherheitsdatenblätter abgedeckt werden. Darüber hinaus sollen die Informationspflichten in der an die breite Öffentlichkeit gerichtete Werbung vereinfacht werden, indem Werbung für Chemikalien Verbraucher dazu anregen soll, vor der Verwendung das Etikett und die Produktinformationen zu lesen.
  • Digitaler Kontakt: Zukünftig soll ein digitaler Kontakt (bspw. in der Form einer E-Mail-Adresse, zukünftig auch das European Business Wallet) anstatt einer Adresse und Telefonnummer angegeben werden können.
  • Kennzeichnungspflichten für Tankstellen: Einige Kennzeichnungselemente wie Nennfüllmenge und UFI werden auf Kraftstoffpumpen nicht mehr benötigt.
  • „Stop the Clock“: Das Anwendungsdatum der derzeit gültigen CLP-Verordnung wird auf den 1.1.2028 verschoben, um Rechtssicherheit für Unternehmen zu gewährleisten.
2. Kosmetikmittelverordnung 
  • Verfahren zur Aufnahme in Anhänge: Das Verfahren zur Aufnahme von Farbstoffen, Konservierungsmitteln und UV-Filtern in die entsprechenden Anhänge IV, V und VI wird festgelegt, um den Prozess zu vereinfachen und die Verwendung neuer kosmetischer Inhaltsstoffe zu beschleunigen.
  • Darstellung des Ausnahmeverfahren für CMR-Stoffe: Das bestehende Ausnahmeverfahren vom generellen Verwendungsverbot für CMR-Stoffe in kosmetischen Mitteln wird unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus über zehn Jahren Praxis detaillierter dargestellt.
  • Abschaffung der Voranmeldungen für Produkte mit Nanomaterialien: Für kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, braucht es zukünftig keine Voranmeldung mehr bei der Kommission.
  • Etc.
3. Düngemittelverordnung 
  • Abschaffung der erweiterten REACH-Registrierungspflicht: die „Standard-REACH-Bestimmungen“ sollen auch für Stoffe gelten, die in EU-Düngemitteln verwendet werden.
  • Bewertung von Mikroorganismen: Kriterien und eine Methodik für die Bewertung von Mikroorganismen durch Hersteller und benannte Stellen sollen eingeführt werden.
  • Etc.

Weitere Details finden Sie im Kommissionsvorschlag des Chemieomnibusses. Der Vorschlag der Kommission muss nun durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, in dem Rat und EU-Parlament zu einer Einigung kommen müssen.

(Quelle: DIHK)

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