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Umfang der Darlegungslast im Überstundenprozess

In einem „Überstundenprozess“ streiten sich die Parteien um die Darlegungslast, es geht auch um die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeitfeststellung. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen reichen allein vom Arbeitgeber erstellte technische Zeitaufzeichnungen nicht aus, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Überstundenvergütung zu belegen.

Überstundenvergütung auf Basis technischer Zeitaufzeichnungen geltend gemacht

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der bis 30.09.2019 als Auslieferungsfahrer bei der Beklagten gearbeitet hatte. Dieser machte Überstundenvergütung für einen Zeitraum von 1,5 Jahren auf Basis von der Beklagten erstellter technischer Zeitaufzeichnungen geltend. Ob diese Aufzeichnungen zur Erfassung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit erstellt worden waren, war zwischen den Parteien streitig.

ArbG lässt mit Blick auf EU-Recht technische Aufzeichnungen als Indiz genügen

Das ArbG hatte der Klage in einem Teilurteil insoweit stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei in europarechtskonformer Auslegung des § 618 BGB zur Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeiten des Klägers verpflichtet gewesen. Da sie dieser Verpflichtung nach ihrem eigenen Vortrag nicht nachgekommen sei, reichten die vorgelegten technischen Aufzeichnungen als Indiz für die geleistete Arbeitszeit aus. Diese Indizien habe die Beklagte nicht, zum Beispiel durch Darlegung von Pausenzeiten, entkräften können.

LAG: Voraussetzungen für Überstundenvergütung nicht dargelegt

Diese Auffassung teilte das LAG nicht. Das Urteil des EuGH vom 14.05.2019 (NZA 2019, 683) habe keine Aussagekraft für die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess im Hinblick auf die Frage der Anordnung, Duldung oder Betriebsnotwendigkeit von Überstunden. Dem EuGH komme keine Kompetenz zur Entscheidung über Fragen der Vergütung zu. Dies ergebe sich aus Art. 153 AEUV. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Überstundenvergütung habe der Kläger daher nicht dargelegt. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

zu LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.05.2021 – 5 SA 1292/20

Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 10. Mai 2021

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