Die Sonne brennt und die Temperaturen werden immer unerträglicher. Da stellt sich schnell die Frage – darf ich deshalb einfach früher gehen oder zu Hause bleiben? Leider nein. Doch der Arbeitgeber ist bei hohen Temperaturen nicht aus dem Schneider. Er hat klare Pflichten!
Die Rechtslage erläutert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.
Arbeitgeber müssen handeln – sonst droht Bußgeld
Bei extremer Hitze ist der Arbeitgeber laut Arbeitsschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung und Fürsorgepflicht zum Handeln verpflichtet. Wird er untätig, drohen Bußgelder von bis zu 30.000 €!
Ab 26 Grad: Erste Maßnahmen sind fällig
Schon bei 26 °C Raumtemperatur soll der Arbeitgeber erste Schritte einleiten – wie Lüften, Jalousien schließen oder Getränke bereitstellen. Ab 30 °C muss er aktiv werden. Über 35 °C? Dann ist der Arbeitsplatz nicht mehr geeignet!
Klimaanlage? Schön wär’s – aber keine Pflicht
Trotz Hitze: Eine Klimaanlage muss der Arbeitgeber nicht installieren. Er kann aber andere Maßnahmen treffen: Ventilatoren, flexible Arbeitszeiten oder kühlende Kleidung – erlaubt ist, was schützt.
Die Rechtslage: Empfehlungen mit Gewicht
Die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR A3.5) sind rechtlich nicht bindend, aber sie geben die Richtung vor. Gerichte und Behörden orientieren sich daran. Wer sie ignoriert, riskiert Ärger – und Geldstrafen.
Schwangere, Ältere und Baustellen-Arbeiter besonders geschützt
Besondere Schutzmaßnahmen gelten für Schwangere, Senioren und Beschäftigte im Freien – wie Bauarbeiter, Dachdecker oder Gärtner. Hier sind Sonnensegel, längere Pausen und kühle Getränke Pflicht.
Auch im Homeoffice gilt: Nicht jeder ist gleich geschützt
Im Homeoffice entscheidet der Arbeitsort über die Pflichten: Wer mobil arbeitet, trägt selbst Verantwortung. Bei fester Telearbeit liegt der Hitzeschutz wieder beim Arbeitgeber.
Der Betriebsrat hat ein Wörtchen mitzureden!
Bei Hitze darf der Betriebsrat mitentscheiden. Laut § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG kann er auf eine Gefährdungsbeurteilung und konkrete Schutzmaßnahmen bestehen – notfalls sogar vor der Einigungsstelle.
„Hitzefrei“ auf eigene Faust? Keine gute Idee!
Egal wie heiß: Wer selbstständig geht, riskiert eine Abmahnung oder Kündigung. Besser: Einvernehmliche Lösungen wie früherer Arbeitsbeginn oder längere Pausen.
Kündigung wegen Hitze? Extremfall mit Folgen
In seltenen Fällen kann Hitze zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer führen – wenn der Arbeitgeber dauerhaft Schutzpflichten verletzt. Das ist aber die absolute Ausnahme.
Dramatischer Einzelfall: Fahrlässige Tötung wegen Hitze
In Baden-Württemberg stand ein Landwirt wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht: Ein Erntehelfer starb nach schwerer Arbeit in glühender Hitze ohne Pause oder Wasser. Die Strafe: 8.000 € Geldauflage.
Tipps für Arbeitnehmer: So bleibt es erträglicher
Früh lüften, tagsüber Jalousien zu
- Kalte Unterarmbäder helfen dem Kreislauf
- Viel trinken – aber Wasser, nicht Weizen!
- Leicht essen, luftig kleiden
- Pausen im Schatten machen
Fazit: Kein Recht auf Hitzefrei – aber viele Rechte auf Schutz
Wer bei Hitze leidet, ist nicht schutzlos. Arbeitgeber sind in der Pflicht – und der Betriebsrat kann helfen, diese Pflichten durchzusetzen. Wichtig ist: frühzeitig reden, gemeinsam handeln!
Quelle: VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de
Volker Görzel, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
HMS. Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte, Köln